Medienberichte

Grüß Gott, Herr Imam!

Das Buch „Grüß Gott, Herr Imam!“ in den Medien

27. Mai 2014

Kapitulation oder Panikmache?

In der deutschen Publizistik scheinen sich Wellen von Islamkritik und -freundlichkeit abzuwechseln. Die Gesellschaft ist in ihrer Wahrnehmung der Einwandererreligion tief gespalten. Aber allmählich nimmt die gegenseitige Kenntnis zu.

Von Gregor Taxacher

In den letzten Jahren schien es so, als sei nicht der Islam, sondern die Islamkritik in der Mitte der deutschen Gesellschaft angekommen. Lange wurde sie eher vorsichtig geäußert, wollten doch die meisten Publizisten nicht in den Geruch fremdenfeindlicher Ressentiments geraten. Multikulturalität und Toleranz waren eher links verortet, die Leitkultur-Debatten überließ man den Konservativen. Doch dann überdeckte die internationale Islamismus-Auseinandersetzung die deutsche Befindlichkeit.

Dafür sorgten Autorinnen und Autoren aus einem liberalen und emanzipatorischen Milieu, die dem Islam die Fähigkeit oder Neigung absprachen, in einer aufgeklärten westlichen Demokratie anzukommen: Necla Kelek ist Soziologin türkischer Herkunft, Alice Schwarzer Symbolfigur des Feminismus und Thilo Sarrazin ein Sozialdemokrat, Ralph Giordano und Henryk Broder sind jüdische Publizisten.

Konservativer Multikulturalismus
Vielleicht ist es also nur konsequent, wenn jetzt ein bekennend konservativer Publizist der Sorge vor der „Kapitulation“ (Broder) die Warnung vor „Panikmachern“ gegenüber dem Islam entgegenstellt: Patrick Bahners, Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, plädiert in seinem gleichnamigen Buch für eine Art konservativen Multikulturalismus, der den Staat nicht als obersten Erzieher ansieht und in der Gesellschaft innerhalb der Grenzen der Gesetze unterschiedliche Wertorientierungen und Lebensweisen akzeptiert – auch solche, die dem westlich säkularen Selbstverständnis suspekt vorkommen mögen.Dabei bestreitet Bahners nicht die Gefahren, die von einem tatsächlich politisch radikalen Islam ausgehen. Aber er geißelt einen deutschen Wahn, der „die Hilfstruppen von Ahmadinedschad und al-Qaida einen verdeckten Krieg in unserem Alltag führen“ sieht. Dagegen setzt er auf einen Mehrheitsislam der Einwanderer, der sehr wohl integrationsbereit sei. In Deutschland würden stets – völlig unempirisch – Extrem- oder Minderheitenprobleme auf die Wahrnehmung der großen Mehrheit der Muslime übertragen.

Imam Idriz in den Medien

Offen für zeitgemäße Islaminterpretationen: Der Penzberger Imam Benjamin Idriz hat mehrfach dazu aufgerufen, den Sinn des Korans in die heutige Sprache zu übertragen.

Islam in Deutschland angekommen?
Bahners setzt also darauf, dass Muslime wie der oberbayerische Imam Benjamin Idriz tatsächlich für die schweigende Mehrheit der deutschen Muslime sprechen. Idriz hat jüngst ein Buch unter dem Titel Grüß Gott, Herr Imam geschrieben, in dem er nicht nur nachweisen möchte, dass seine Religion hierzulande angekommen sei, sondern auch die Vereinbarkeit des Islam mit Demokratie und Menschen- sowie Frauenrechten vertritt.

Damit spricht er wiederum Musliminnen wie Lamya Kaddor aus dem Herzen, die ihm bescheinigt: „Im gelebten Glauben der meisten Muslime ist seine Vorstellung von Religion zu großen Teilen längst Realität.“
Kaddor hat als Religionspädagogin ein Schulbuch für den islamischen Religionsunterricht in deutscher Sprache erarbeitet; und sie hat den Liberal-Islamischen Bund gegründet. Der soll deutlich machen, dass die traditionellen Islam-Verbände in Deutschland nicht repräsentativ sind. Aus ähnlichen Motiven arbeitet in Köln schon seit Jahren ein Zentrum für islamische Frauenforschung und -förderung, dessen Protagonistinnen eine Art feministische islamische Theologie entwickeln wollen.

Wer ist ein Muslim?
Ausnahmen – sagen Islamkritiker zu solchen Phänomenen. Tatsächlich besteht das Problem in einer äußerst dürftigen empirischen Datengrundlage über den Islam in Deutschland. Das fängt schon bei deren Gesamtzahl an: Die Erhebung des Bundesamtes für Flüchtlinge und Migration von 2009 hat diese gegenüber früheren Schätzungen auf 4 bis 4,5 Millionen erhöht.

Aber wer ist ein Muslim? Weil es in islamischen Moscheegemeinden keine Mitgliedslisten, keine den christlichen Taufscheinen vergleichbare Zugehörigkeitsausweise gibt, wird einfach die Zugehörigkeit zu traditionell muslimischen Herkunftsethnien zugrunde gelegt. Auch dagegen hat sich schon eine Organisation gegründet: der Zentralrat der Ex-Muslime, der sich gegen die Festlegung „Einmal Muslim, immer Muslim“ wendet.Die größte islamische Organisation in Deutschland, DITIB, zählt etwa 150.000 Mitglieder, Milli Görüs gerade einmal 27.000 – und alle weiteren Moschee-Dachverbände noch viel weniger: Die meisten Muslime sind traditionell religiös verwurzelt, religions-politisch engagiert sind sie jedoch nicht.

Außerdem gibt es nicht „den“ Islam in Deutschland: Nach Angaben von REMID, einem unabhängigen religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienst, leben in Deutschland neben gut 2,5 Millionen Sunniten etwa 400.000 Aleviten, die sich nicht dem traditionellen Sunni-Islam zuordnen lassen. Und neben der konfessionellen gibt es die nationale Vielfalt: Türkische oder gar afrikanische Muslime haben mit denen aus Saudi-Arabien, was die Herkunfts-Prägung angeht, eher wenig gemeinsam.

„Langweiligere Bücher über den Islam“
„Die künftigen Bücher über den Islam in Deutschland werden langweiliger werden“, prophezeit Thomas Lemmen, ehrenamtlicher Geschäftsführer der Christlich-Islamischen Gesellschaft in Deutschland. Er führt die aufgeregten Bücher der letzten Jahre auf ein Defizit der westlichen Islamwissenschaften zurück: Allzu lange verstand sie sich als reine Orientalistik, Forschung über Muslime außerhalb ihrer Herkunftsländer gab es kaum.Die Lücke besetzten selbsternannte Experten, die zu Pauschalurteilen neigten und den Medien jene plakativen Antworten gaben, die sie hören wollten. „Natürlich ist Kritik an manchen Phänomenen des Islam berechtigt“, meint Lemmen. „Aber künftig wird sie mit mehr Sachverstand verbunden sein müssen.“

Mehr Sachkompetenz entsteht auch auf islamischer Seite: Inzwischen gibt es sieben Lehrstühle für islamische Religionspädagogik in Deutschland. Hier werden islamische Religionslehrer und Imame ausgebildet – endlich also einheimische Intellektuelle der Einwandererreligion. Im Südwestrundfunk sprechen Muslime das Wort zum Freitag, das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) veröffentlicht im Internet ein Forum am Freitag. Also hört man in Deutschland differenziertere Stimmen des Islam und nicht nur Stimmen über ihn.
Dass die Debatte sich zu verschieben beginnt, liegt also an einer nachhaltigen Integration des Islam in die deutsche Wirklichkeit, die sich alltäglicher und tiefgreifender vollzieht, als die Islamkritik sie wahrnimmt. Lemmen verweist auf ein Projekt, in dem muslimische zusammen mit christlichen Notfallseelsorgern ausgebildet werden: „Das ist die Realität, die gegen die Rede von Abschottung und Parallelgesellschaft steht“.

Gregor Taxacher ist Theologe und arbeitet als Redakteur des Westdeutschen Rundfunks sowie als freier Autor (Schwerpunkt unter anderem: Christentum, Judentum und Islam) in Köln.
© Goethe-Institut e. V. 2011
Quelle: qantara.de

Angeregter Dialog mit rehabilitiertem Imam

Garching – Es war ein wichtiger Tag für Benjamin Idriz. Am Vormittag hatte der Imam erfahren, dass seiner muslimischen Gemeinde in Penzberg die Gemeinnützigkeit wieder zuerkannt wird.

Imam Benjamin Idriz im Römerhoftheater

Imam Benjamin Idriz im Römerhoftheater

In einem internen Bericht hatte der Verfassungsschutz erklärt, dass man dieser keine demokratiefeindlichen Absichten mehr nachweisen könne. Diese wichtige Rehabilitierung ging abends in der angeregten Diskussion im Römerhoftheater in Garching fast unter. Erst nach der Veranstaltung, als einige Zuhörer sich sein Buch „Grüß Gott, Herr Imam“ signieren ließen, verkündete Idriz glücklich und gelöst die Neuigkeit.

Deutschlandweit hat er Aufsehen erregt mit diesem Buch. Auf Einladung des SPD-Ortsvereins war er in Garching zu Gast und sprach im fast voll besetzten Römerhoftheater über den benötigten Dialog der Kulturen. Ein munteres Gespräch entwickelte sich zwischen den Gästen und dem Imam, der die Gläubigen seiner Religion durchaus kritisch betrachtete.

Idriz las anfangs aus seinem Buch und dem „Weg vom Dialog zur Freundschaft, vom Sie zum Du.“ Seine Folgerung war auch klar: „Wenn wir eine gelungene Integration wollen, dann ist Dialog mehr als ein Luxus.“ Das Publikum war sehr angetan von verschiedenen Passagen, die provozieren und die Diskussion anschieben möchten.

Idriz erklärte, „dass Muslime leider noch nicht in der Lage sind, Kritik zu hören“. Dabei müsse eine Debatte über seines und andere Bücher erfolgen. Er begrüße kritische Bewertungen seiner Bücher in türkischen Zeitungen: All diese Beiträge förderten eine Diskussion.
Erfreut äußerte sich der Imam darüber, nirgends so viele Muslime im Publikum gesehen zu haben wie in Garching. Er erinnerte sich an einen Vortrag in Bad Tölz, wo unter 140 Menschen gerade einmal zwei Muslime waren. Im Römerhoftheater waren es deutlich mehr als zehn: „Der Prozess hat begonnen“, stellte er fest. Idriz, der den Koran bereits mit elf Jahren auswendig gelernt hat, erklärte: „Ein Moslem in Deutschland wendet sich zum Beten nach Mekka und für die Politik nach Berlin und Brüssel.“

Auch sieht er den ersten weiblichen Imam nicht als Tabuthema. „Das ist dann der Wettlauf mit der katholischen Kirche“, scherzte SPD-Ortsvorsitzender Götz Braun, der die Diskussion moderierte.

Idriz machte deutlich, dass die islamischen Länder die Trennung von Religion und Politik benötigten. Es gebe schon Entwicklungen in diese Richtung „und das beste Beispiel ist die Türkei“. Christen in der Türkei hätten heute eine deutlich bessere Situation als noch vor zehn Jahren. Die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehöre, bejahte Idriz: „Wenn ich zu Deutschland gehöre, dann gehört auch meine Religion dazu.“ Im Gegenzug respektiere er ja auch das hohe Ansehen von Bischöfen und Kardinälen in der deutschen Gesellschaft. Nach der Veranstaltung zeigten sich einige Zuhörer überrascht. „Ich hatte einen etwas älteren, konservativen Mann erwartet“, sagte eine Zuhörerin, „aber Herr Idriz spricht wie ein moderner Pfarrer“.

Quelle: merkur.de

Theologische Baustelle

Auf dem Fundament des Islam errichtet der Imam Benjamin Idriz das Gebäude der Demokratie

Von Lamya Kaddor

Benjamin Idriz ist eine umtriebige Persönlichkeit. Den meisten ist er als Imam der oberbayerischen Kleinstadt Penzberg bekannt, deren Moschee als Vorzeigemodell für das anspruchsvolle Zusammenwirken von Islam und moderner Architektur gilt. Der gebürtige Mazedonier steht auf der einen Seite unter Beschuss, weil ihm der bayerische Verfassungsschutz vorwirft, mit Islamisten in Kontakt zu stehen. Auf der anderen Seite stellt der 39-Jährige den Prototyp des integren und gebildeten Theologen dar. Er vertritt einen Islam, der im besten Sinne zeitgemäß ist. Nun hat er ein Buch geschrieben: „Grüß Gott, Herr Imam“. Schon der Titel lässt anklingen: Im Grunde soll es sich um eine Manifestation des berühmten Satzes von Bundespräsident Christian Wulff handeln: „Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“ Vielleicht sollte man künftig statt nach Benjamin Idriz eher danach fragen, warum manche so ein großes Interesse daran haben, einem modernen Vertreter des Islam Steine in den Weg zu legen.

Eine unserer ersten Begegnungen hatten Benjamin Idriz und ich vor einiger Zeit am Bosporus. Ein heißer Sommertag neigte sich dem Ende. Wir standen im Garten der prachtvollen Sommerresidenz des deutschen Botschafters in Tarabya, dem noblen Vorort Istanbuls. Bei uns war ein ranghohes Mitglied der türkischen Religionsbehörde. Wir unterhielten uns auf Arabisch. Das Gespräch drehte sich um die Ausbildung von Imamen. Ich fragte den Mann mittleren Alters, ob in der Türkei auch Imaminnen arbeiteten. Er entgegnete, eine nennenswerte Zahl gebe es nicht, und schob hinterher: „Wozu auch? Gibt es nichts Wichtigeres als Frauen im Islam?“ Ich blickte Idriz an, dem ob der geschnalzten Antwort ebenfalls der Mund offen stand. Als er sich gefangen hatte, erhob er Einspruch. Und ich dachte: „Ein Imam, der offen Stellung bezieht. Respekt.“

Entsprechend gespannt war ich also auf sein Buch und speziell auf das Kapitel „Frauen im Islam“. Am theoretischen und praktischen Umgang mit diesem Thema scheiden sich die Geister unter muslimischen Theologen immer noch am deutlichsten. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Idriz knüpft nahtlos an seine Worte in Tarabya an.

Er postuliert nicht nur die Gleichwertigkeit von Mann und Frau, sondern die Gleichberechtigung und führt diesen Gedanken konsequent fort. Zwangsverheiratung brandmarkt der studierte Theologe als unislamisch – „es ist ein Rückfall in die heidnische Zeit“. Die umstrittene Stelle in Sure 4, Vers 34, die manche als Plazet für das Schlagen der Ehefrau nehmen, will er philologisch als „trennt euch von ihnen“ verstanden wissen. Die klassisch islamische Erbverteilung, die Söhnen mehr zugesteht als Frauen, verwirft Idriz als überholt. Und in der innerislamisch heiklen Kopftuchfrage konstatiert er mutig, dass es aus heutiger Sicht einen zeitgemäßen Schutz von Reizen zu gewährleisten gelte. Das heißt, die Frau hat sowohl die Freiheit, ihr Haar als Reiz zu verstehen und zu bedecken, als auch die Freiheit, eben dies nicht zu tun und ein Kopftuch abzulehnen.

Das Wesen der Scharia liegt in ihrer Auslegung
Mit all dem spricht der Korankenner freilich nichts an, was islamische Theologinnen nicht schon längst gesagt hätten. Bemerkenswert ist seine Darlegung, weil er als einer der wenigen männlichen Islamgelehrten in Deutschland in dieser Frage unmissverständlich Stellung bezieht. Zudem sind seine Aussagen theologisch geerdet: Er bezieht sich auf den Koran, blickt auf die Hadithe und arbeitet sich an den Argumentationslinien der klassischen Gelehrten entlang. Mag er gelegentlich Belege schuldig bleiben, so unterscheidet ihn das doch deutlich von anderen modernen Ausdeutern des Islam.

Das Frauen-Kapitel ist eines der letzten und bildet so etwas wie den Höhepunkt. Es zeigt am eindrücklichsten, wie Idriz als praktischer Theologe vorgeht und wie er seine Hauptthese begründet: dass Islam und Demokratie vereinbar seien. Nach einigen grundlegenden Ausführungen zu Theologie, Scharia, Politik und die aktuelle Situation des Islam in Deutschland kommt der Penzberger zu dem Schluss, dass diese Kompatibilität geradezu eine Selbstverständlichkeit sei – was vor allem daran liegt, dass die Scharia eben ein Ergebnis von Interpretationen ist.

So wie die Rolle der Frau vor dem gesellschaftlichen Hintergrund der jeweiligen Epoche zu betrachten ist, seien es auch die anderen „Baustellen der islamischen Theologie“. Die Sprache des Islam „hat vernunftbetont, menschenzentriert und zeitgemäß zu sein“, verlangt der deutsche Imam. Festgefahrene Dogmen müssten sich ändern, wolle man nicht in einer „Sackgasse“ landen. Dazu gehört seiner Meinung nach auch die Umwandlung der zumeist vertikalen Verhältnisse – Gott-Mensch, Text-Vernunft, Jenseits-Diesseits, Religion-Staat – in horizontale. Auf dem Weg zu seinem Ziel durchschreitet er das Tor des Idschtihad, um jene Metapher zu benutzen, mit der das aus Sicht orthodoxer Sunniten vor Jahrhunderten eingeführte Verbot eigenständiger Auslegung islamischer Quellen beschrieben wird. Seine Vorgehensweise ist weitgehend schlüssig und wirkt authentisch.

Idriz’ Buch ist ein Bekenntnis, auf das man ihn festnageln kann
Selbstverständlich muss man Idriz’ Buch auch als Antwort auf seine Kritiker verstehen. Aber was auch immer über ihn und seine Vergangenheit kolportiert wird – das Buch ist ein Bekenntnis, auf das man ihn festnageln kann.   Benjamin Idriz hat dem immer stärker werdenden Bemühen um eine Weiterentwicklung des Islam einen großen Dienst erwiesen. Von einigen Seiten wird ihm vorgehalten, „seine“ Religionsauffassung stelle bloß eine exotische Minderheitenmeinung dar. Für das Spektrum der zeitgenössischen Theologen mag das zutreffen. Im gelebten Glauben der meisten Muslime hingegen ist seine Vorstellung von Religion zu großen Teilen längst Realität. Und auch die jüngsten Versuche, ihm aus Bezügen zu Theologen wie dem Bosnier Husein Djozo, der in der Handschar-Division der Waffen-SS gedient hat, einen Strick zu drehen, scheinen konstruiert. So hat denn auch das Magazin Focus, das den Eindruck einer geistigen Verbundenheit erweckt hatte, sich mittlerweile öffentlich bei ihm entschuldigt. Vielleicht sollte man künftig statt nach Benjamin Idriz eher danach fragen, warum manche so ein großes Interesse daran haben, einem modernen Vertreter des Islam Steine in den Weg zu legen.

LAMYA KADDOR ist Islamwissenschaftlerin und Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes
Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr. 36, Montag, 14.02.2011, Seite 18

Perlentaucher-Notiz zur SZ-Rezension
Die hier rezensierende Islamwissenschaftlerin und Religionspädagogin Lamya Kaddor begrüßt Benjamin Idriz‘ Buch „Grüß Gott, Herr Imam!“. Sie schätzt den Imam und Islamgelehrten für seine Integrität und seinen Mut. Schlüssig führt er ihres Erachtens vor Augen, dass Islam und Demokratie keinen Widerspruch darstellen. Zudem hebt sie hervor, dass Idriz konsequent die Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung von Mann und Frau postuliert. Auch in theologischer Hinsicht findet Kaddor die Ausführungen des Autors überzeugend. Ihr Fazit: ein verdienstvolles Buch, das die Bemühungen um eine „Weiterentwicklung des Islam“ voranbringt.

„Moschee-Vereine sind mir zu sehr nach Osten orientiert“

Benjamin Idriz ist Vorbeter in einer Moschee in Oberbayern. Er lebt einen modernen Islam. Manche nehmen ihm das nicht ab.

Von Claudia Mende

Seine kräftige Stimme trägt bis in die letzte Bankreihe der Kirche. Imam Benjamin Idriz rezitiert in der evangelischen Markuskirche in München aus dem Koran. Mit geschlossenen Augen und auf Arabisch. Die Zuhörer lauschen neugierig und bewegt, denn das ist eine Premiere in München. Er habe sich wie zu Hause gefühlt, sagt der Imam später.

Benjamin Idriz ist ein häufiger Gast bei interreligiösen Dialogveranstaltungen. Der in Skopje, Mazedonien, geborene Vorbeter des Islamischen Forums im oberbayerischen Penzberg ist für die, die gern mit Schlagwörtern arbeiten, »Deutschlands liberalster Imam«. Seine Gemeinde zeigt, wie der Islam in Deutschland heimisch werden kann, ohne Ängste hervorzurufen. Predigten auch in deutscher Sprache, öffentlicher Kindergarten und Bibliothek, vielfache Kontakte zu anderen Religionsgemeinschaften, Schulen und Institutionen sowie Transparenz sind einige Punkte, die die Penzberger Moschee auszeichnen.

Jüngst hat Idriz mit seinem Buch »Grüß Gott, Herr Imam« ein Manifest des Euro-Islams veröffentlicht. Es ist ein bemerkenswertes Buch, das den Islam mit der modernen Demokratie kompatibel machen will, ohne ihn auf eine »Light«-Version zu reduzieren. Idriz schreibt nicht um den heißen Brei herum. Er erklärt zwar, wie es zur Erstarrung des Islams kommen konnte. Für archaische Strafen, Zwangsehen und Ehrenmorde oder die Ausgrenzung von Frauen hat er aber kein Verständnis. Er unterscheidet zwischen den universellen Werten des Korans und zeit- und kulturgebundenen Auslegungen. Schleier und Burka zum Beispiel sieht er im Widerspruch zur universellen Botschaft Mohammeds. Zeitgemäßer Glaube bedeutet für ihn, dass Frauen Führungspositionen in der Moschee übernehmen, Leben und Partner selbst bestimmen.

Idriz stammt aus einer albanisch-türkischen Familie in Mazedonien und blickt auf eine 150-jährige Familientradition von Imamen zurück. Dezentes dunkles Hemd, schwarze Hose, kein Bart: Er könnte problemlos als Geschäftsmann durchgehen. Seit 1995 lebt und arbeitet er in Penzberg. Geprägt hat ihn das multiethnische und multireligiöse Miteinander des ehemaligen Jugoslawien. Gerade in Bosnien, wo der Islam schon seit dem 18. Jahrhundert unter österreichischer Herrschaft lebte, wurden früh Modelle für einen europäischen Islam entwickelt, auf die Idriz zurückgreift.

Besonders wichtig sind ihm in Deutschland akademisch ausgebildete Prediger, die Antworten auf die Fragen einer einerseits säkularen, andererseits aber multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft geben können. Bisher wird der Bedarf an Imamen von den etwa 2500 Moschee-Gemeinden meist durch Männer aus den Herkunftsländern gedeckt. Dem setzt Idriz entgegen: »Unsere Hauptstadt ist Berlin, nicht Ankara und auch nicht Kairo.« Das Islamische Forum Penzberg gehört zu keinem der islamischen Dachverbände in Deutschland. »Die Moschee-Vereine sind mir zu sehr nach Osten orientiert«, sagt er in seiner leisen, zurückhaltenden Art. »Hier in Penzberg wollen wir selber denken.«

Idriz hat ein Zentrum für die akademische Ausbildung von Imamen, genannt Zentrum für Islam in Europa – München (ZIE-M), vorgeschlagen, »gegen eine weitere Ausbreitung aggressiver und traditionalistischer Richtungen in Deutschland und Europa«. ZIEM hat Idriz allerdings eine Menge Probleme eingebrockt. Seit 2008 stuft der Verfassungsschutzbericht des bayerischen Innenministeriums die Penzberger Gemeinde wegen angeblicher Kontakte zur Organisation Milli Görüs als extremistisch ein. Innenminister Herrmann befürchtet, ZIEM werde zu einer Brutstätte des Extremismus. Alle, die Idriz näher kennen, halten die vom Verfassungsschutz angegebenen Gründe für konstruiert. Die islamische Gemeinde Penzberg hat gegen den Eintrag jedoch bisher vergeblich geklagt. Im September 2010 fand ein Treffen zwischen Idriz und Herrmann statt, bei dem es zu einer vorsichtigen Annäherung kam. Mit seinem Buch hat Idriz jetzt nochmal die Hand ausgestreckt und sein Verständnis eines modernen, integrationsbereiten Islams in Deutschland eindrücklich formuliert.

Lesetipp: Benjamin Idriz, »Grüß Gott, Herr Imam«, Kösel 2010. Publik-Forum Best.-Nr. 8651, sowie: »Islam mit europäischem Gesicht. Impulse und Perspektiven«, hrsg.u.a. von Benjamin Idriz, Butzon & Berker 2010

Quelle: Politik-Forum, Nr. 2, 2011

Den Islam zeitgemäß interpretieren

Zum ersten Mal äußert sich ein Imam mit einem eigenen Werk zur Debatte um die Zukunft des Islam in Europa. „Grüß Gott, Herr Imam“ ist ein bemerkenswertes Buch, das zeigt, wie Islam und westliche Demokratie kompatibel sein können. Claudia Mende hat das Buch gelesen.

Von Claudia Mende

Benjamin Idriz gilt als Deutschlands bekanntester Imam. Seine Moschee in Penzberg südlich von München ist seit Jahren bekannt für Transparenz und Offenheit. Predigten auch in deutscher Sprache, öffentlicher Kindergarten und Bibliothek, vielfache Kontakte zu anderen Religionsgemeinschaften, Schulen und Institutionen prägen die Moschee des aus Mazedonien stammenden Imams.

Sein Projekt eines „Zentrums Islam in Europa, München“ mit einer Akademie zur Ausbildung von Imamen sieht Idriz als Beitrag zu einem genuin deutschen Islam, der sich nicht mehr in den Herkunftsländern der Muslime rückversichern muss.

Doch Idriz hat auch einige Kontroversen hervorgerufen. Trotz jahrelanger Bemühungen des Islamischen Forums Penzberg hat der Verfassungsschutz des Freistaats die Moschee in seinem jährlichen Bericht als „extremistisch“ eingestuft. Es gebe Kontakte zur Organisation Milli Görüs, gegen die unter anderem wegen der „Unterstützung terroristischer Organisationen“ ermittelt wurde, lautete die Begründung der Behörde.

Die Ermittlungen gegen Milli Görüs wurden inzwischen eingestellt. Das Islamische Forum Penzberg hat jedoch bisher vergeblich vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht gegen die Einschätzung des Innenministeriums geklagt. Allerdings wurde der Moschee eine Neueinschätzung für den nächsten Bericht in 2011 in Aussicht gestellt.

Die Münchner Stadtratsfraktionen, christliche Kirchen und die jüdischen Gemeinde in München stehen weiter hinter dem Imam. Der Streit mit dem Innenministerium war für Idriz der Anlass, seine Vision eines europäischen Islam in Buchform zu publizieren.

Buchstabenglauben als Grund für die Erstarrung des Islam
Idriz schreibt nicht um den heißen Brei herum. Er unterscheidet zwischen dem Islam, wie Mohammed ihn gelebt habe und den Interpretationen der Nachwelt. Der Glaube Mohammeds besitzt für ihn einen universellen Charakter mit Werten wie Liebe, Toleranz, Respekt und Gerechtigkeit. Außerdem besitze er die Fähigkeit, sich an jede Epoche und an jeden Ort anzupassen. Nach dem Tod Mohammeds sei diese Offenbarung jedoch schnell für politische Zwecke instrumentalisiert und dogmatisiert worden.

Rechtsbestimmungen wurden bald von einigen Gelehrten für unwandelbar erklärt, die in Wahrheit an ihren zeitlichen und historischen Kontext gebunden und daher aus heutiger Sicht problematisch sind.

In diesem Buchstabenglauben sieht er einen Hauptgrund für die Erstarrung des Islam, denn solche Bestimmungen müssten sich immer wieder neu anpassen. Er kritisiert das Religionsverständnis vieler Muslime, das „durch althergebrachte Bräuche, Reden traditionalistischer Geistlicher und Ideen, die mittlerweile veraltet sind“, geprägt sei. Archaische Strafen bei Apostasie und Ehebruch, Zwangsehen und Ehrenmorde bezeichnet er als religiösen Deckmantel für „steinzeitlichen Bräuche“ in den Herkunftsländern mancher Muslime.

Schleier und Burka zum Beispiel stehen für Idriz im Widerspruch zur universellen Botschaft Mohammeds. Zeitgemäßer Islam bedeutet für ihn dagegen, dass Frauen Führungspositionen in der Moschee übernehmen dürfen. Idriz beantwortet nicht alle Fragen in der Diskussion um den Islam, zeigt aber deutlich, wohin die Richtung gehen muss.

Auf dem Weg zu einem europäischen Islam
Geprägt hat Idriz das multiethnische und multireligiöse Miteinander des ehemaligen Jugoslawien. Gerade in Bosnien, wo der Islam sich seit Ende des 19. Jahrhunderts mit der österreichisch-ungarischen Herrschaft arrangieren musste, wurden frühzeitig Modelle für einen europäischen Islam entwickelt. Auf diese bosnischen Theologen, wie zum Beispiel Husein Djozo (1912-1982), beruft sich Idriz.

Das hat heftige Kritik hervorgerufen, denn wie der „Focus“ berichtete, war Djozo im 2. Weltkrieg Imam der Waffen-SS in der sogenannten Handchar-Division. Djozo’s Position einer zeitgemäßen und traditionskritischen Islaminterpretation ist in der Wissenschaft nicht umstritten.

Es ist unzweifelhaft, dass Djozo theoretische Grundlagen für die Existenz der bosniakischen Muslime in einem religiös-pluralistischen Kontext erarbeitet hat, und genau darauf beruft sich Idriz. Es ist sicher ein Versäumnis, dass die Rolle der bosnischen Muslime zur Zeit des Dritten Reiches in Bosnien selbst und in der Forschung noch nicht aufgearbeitet ist.

Dieses Versäumnis kann man allerdings nicht Idriz ankreiden. Idriz hat mit „Grüß Gott, Herr Imam“ ein mutiges Buch und einen wichtigen Beitrag zur deutschen Integrationsdebatte vorgelegt.

Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de
Benjamin Idriz: „Grüß Gott, Herr Imam! Eine Religion ist angekommen“, Diedrichs-Verlag München 2010, ISBN-13: 978-3424350425

Benjamin Idriz: „Grüß Gott, Herr Imam!“

Benjamin Idriz ist ein untypischer islamischer Geistlicher. Er hält das Kopftuch für verzichtbar und kann sich Frauen als Imame vorstellen. Er selbst will fördern, „dass wir Frauen vor den Männern predigen lassen“.

„Die Presse“, Print-Ausgabe, Österreich, 24.12.2010

Er gilt als Deutschlands „Vorzeige-Imam“: Mitten in Bayern, in Penzberg bei München, leitet der 38-jährige gebürtige Mazedonier Benjamin Idriz seine muslimische Gemeinde. Sie ist perfekt ins Kleinstadtleben integriert, die 2005 errichtete Moschee erweckt keine orientalischen Gefühle, sondern ist ein Schmuckstück moderner westlicher Architektur.

„Grüß Gott, Herr Imam“ – den Gruß höre er täglich, sagt Idriz. In Penzberg sei er mittlerweile wie die katholischen und evangelischen Pfarrer Teil des „Wir-Gefühls“. „Grüß Gott, Herr Imam“ heißt auch das Buch, das er nun veröffentlicht hat. Was er darin schreibt, könnte eine pro-muslimische PR-Abteilung nicht perfekter formulieren. Der gute Muslim, wie er Idriz vorschwebt, ist der ideale Staatsbürger, die Scharia ist „eine Sache der Interpretation“, das Kopftuch verzichtbare Tradition; Koranverse vom Krieg seien historisch bedingt und hätten im Euro-Islam keinen Platz. Mädchen sollen zum Schwimmunterricht gehen.

„Frauen predigen lassen!“
Im Gespräch mit der „Presse“ kann sich Idriz gar weibliche Imame vorstellen: „Seit 1400 Jahren war keine Frau Imam, es gab nur eine zur Zeit Mohammeds, aber es gibt kein definitives Verbot. Die Theologen müssen darüber diskutieren.“ Er selbst will fördern, „dass wir Frauen vor den Männern predigen lassen“. Leider sei das noch ein Tabu.

Auf der Internetseite „Politically Incorrect“ wird Idriz als Trojanisches Pferd der Islamisten porträtiert. Tatsächlich hievten Kontakte zu konservativen, vom Verfassungsschutz beobachteten Organisationen wie „Milli Görüs“ oder der „Islamischen Gemeinschaft in Deutschland“ (IGD) die Penzberger Gemeinde in den Bericht des Verfassungsschutzes. „Das sind nur lose Gespräche und Begegnungen bei Veranstaltungen“, sagt Idriz. Selbst von konservativem Druck will er nichts wissen – der ist allerdings bewiesen. Idriz hatte 2007 „Milli Görüs“ als verfassungsfeindlich bezeichnet, woraufhin ihm IGD-Präsident Ibrahim El-Zayat telefonisch drohte, die islamischen Organisationen würden ihn nicht mehr unterstützen. Das wirkte – tags darauf erklärte Idriz, er könne die Verfassungskonformität von „Milli Görüs“ nicht beurteilen.

Erzkonservativ ist auch Idriz‘ bester Geldgeber, Scheich Sultan bin Mohammad al-Qassimi aus dem Emirat Schardscha. Er gab drei Millionen Euro für den Bau der Moschee und will auch das „Zentrum für Islam in Europa – München“ mitfinanzieren, das Gemeinderäume, Kindergarten, Alten- und Servicezentrum, Bibliothek und theologische Akademie beinhalten soll. „Der Scheich hat von uns nie etwas verlangt“, sagt Idriz. „Eine der fünf Säulen des Islam ist die Spendersteuer, der Scheich hat einfach seine Pflicht erfüllt – wer spendet, kann nichts dafür verlangen. Fürs Zentrum werden wir ebenfalls nur Spender akzeptieren, die uns freie Hand lassen und mit denen die staatlichen Behörden auch einverstanden wären.“

Er sei nicht immer so offen gewesen, sagt Idriz. Erst in Deutschland habe er sich von einem „eingeengten Islamverständnis“ entfernt. „Mein Leben hier hat mich gezwungen zu hinterfragen, was ich bisher gelernt habe. Die Möglichkeit, in Freiheit zu leben und zu arbeiten, Werte wie Gleichberechtigung, der Dialog mit den andere Religionen, den Kirchen – das alles hat meine Theologie in eine andere Richtung gelenkt.“

Zu Idriz‘ Vorbildern gehören bosnische Reformer des frühen 20. Jahrhunderts. Sie hätten die „Idschtihad“, die Methode der freien Urteilsfindung, wiederbelebt: „Sie wurde im 11.Jahrhundert verschüttet, dadurch wurde die islamische Lehre sehr dogmatisiert. Muslimische Intellektuelle müssen sie wieder einführen. Niemand darf dieses Tor schließen, das Mohammed selbst geöffnet hat.“

Frauen schlagen?
Und andere Worte im Koran? „Die aber, deren Widerspenstigkeit ihr befürchtet, die ermahnt, haltet euch fern von ihrem Lager und schlagt sie“ (Sure 4, Vers 34), steht in der Übersetzung des Orientalisten Hartmut Bobzin über die Frauen. Falsch übersetzt, sagt Idriz. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass derselbe Gott, der auf einer Seite Barmherzigkeit und Liebe verlangt, auf der anderen Gewalt fordert.“ Etliche islamische Denker hätten das Wort „wadribuhunne“ nicht als „schlagt sie“, sondern als „trennt euch von ihnen für eine Weile“ interpretiert. „Ich wünsche mir, dass künftige deutsche Koran-Ausgaben das so übersetzen. Deswegen müssen Theologen mehr auf Deutsch schreiben, wir brauchen Universitäten und Akademien – mithilfe der Termini und Übersetzung könnte man den Islam anders gestalten als in anderen Ländern.“

Anders gestalten – oder neu erfinden? „Eine Religion ist angekommen“, lautet der Untertitel von Idriz‘ Buch. Fragt sich, welche – die Religion, von der Idriz schreibt, ist bislang bestenfalls exotisches Minderheitenprogramm. Idriz fühlt sich aber nicht als Einzelkämpfer: „Es war hart und langwierig, meine Gemeinde in die Gesellschaft zu integrieren. Aber es zeigt, dass eine solche Reform stattfinden kann, wir brauchen nur langen Atem, Mut, Weisheit und Kollektivität. Viele Besucher aus anderen Gemeinden sagen mir: Gerade das, was Sie geschafft haben, wollen wir auch!“

Süddeutsche Zeitung: ‚Mutiger Pionier‘

Benjamin Idriz ist ein freundlicher Mann. Er lächelt viel, aber es gibt Momente, in denen er deutlich zu erkennen gibt, dass ihm manche Leute ziemlich auf die Nerven gehen. Gereizt rollt er seine Augen, als ein Fragesteller anhebt, den Islam dem Nationalsozialismus gleichzustellen. Der Rest des antiislamischen Monologs geht im vielstimmigen Protestgeraune des Publikums unter, aber der weiche Akzent des aus Mazedonien stammenden Idriz klingt plötzlich hart: ‚Das ist Hetze und keine Kritik.‘

Wo immer der Imam aus Penzberg auftritt, muss er sich mit radikalen Islamgegnern auseinandersetzen. Natürlich hält auch draußen vor dem Völkerkundemuseum eine Handvoll Eiferer ein paar Transparente in den eisigen Abendwind. Schließlich ist der 38-Jährige mittlerweile einer der bekanntesten Muslime Deutschlands. Seine Penzberger Moscheegemeinde gilt weithin als Modell eines Islams, der sich integriert – auch wenn der Verfassungsschutz dort extremistische Bestrebungen wittert.

Drinnen im nüchternen Vortragssaal des Museums reichen die Stühle nicht aus für die mehr als 200 Zuhörer. Hier stellt Idriz sein Buch vor: ‚Grüß Gott, Herr Imam‘ heißt es, und mit einem ‚Herzlichen Grüß Gott‘ begrüßt der Imam sein Publikum, bevor er jenen Islam skizziert, den er auf 218 Seiten entworfen hat – und der ein ganz anderer ist als der, der islamistischen Extremisten als Vorbild und antiislamischen Populisten als Feindbild dient.

‚Euro-Islam‘ nennt Idriz diese moderne Version seiner Religion, für die er wirbt. Es soll ein Islam sein, in dem Muslime westliche Werte und Grundgesetz als islamisch bejahen und ‚beim Beten Richtung Mekka, bei der Politik nach Berlin schauen‘. Idriz wirbt für eine Religion des Friedens und der Freiheit – und, ganz besonders eindringlich, für die Gleichberechtigung der Geschlechter. Auf einem Gipfelfoto europäischer Regierungschefs habe er nur eine Frau unter Männern erkennen können, ‚und ich bin stolz darauf, in einem Land zu leben, dessen Kanzlerin die patriarchalische Ordnung dieses Gruppenfotos stört‘, sagt er und fängt sich damit Applaus ein. Das Kopftuch im übrigen sei ‚kein religiöses Symbol‘.

Einen klugen Mitstreiter hat Idriz mitgebracht. Alois Glück, Vorsitzender des Zentralkomitees der Katholiken und ehemaliger Landtagspräsident, will ‚den Diskurs nicht der unheiligen Allianz der Radikalen überlassen‘. Der Verlauf der Islamdebatte, wie sie sich nach der Veröffentlichung von Thilo Sarrazins Bestseller entwickelte, habe ihm ‚buchstäblich wehgetan‘. Der ‚gefährlichen Eskalation der Extreme‘ müsse auch aus der Politik ‚öfter widersprochen werden‘, mahnt der CSU-Mann. In Idriz“ Buch dagegen sieht er das Werk ‚eines mutigen Pioniers‘ und, gerade weil reformorientierte Gelehrte im Islam noch in der Minderheit seien, ‚eine Herausforderung‘ an die Mehrheit der Muslime. ‚Ruhiger und bequemer‘, prophezeit Glück dem Imam, ‚werden Sie mit Ihrem Buch nicht leben.‘

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/55T38o/3780357/Mutiger-Pionier.html

3sat: Der bayerische Imam

Dass es neben extremen Muslimen Millionen von friedlichen gibt, die einfach nur ihren Glauben praktizieren wollen, wird oft vergessen. Schnell ist davon die Rede, dass der Islam nicht integrierbar wäre, dass er Krieg und Unterwerfung wolle. In Oberbayern versucht der Imam Benjamin Idriz zu zeigen, dass es auch anders geht. Nun hat er ein Buch darüber geschrieben, wie er den Islam im 21. Jahrhundert praktiziert wissen will. (..)

Die Moschee in Penzberg hat der Imam zusammen mit einem bekannten bosnischen Architekten gebaut. Kein Fremdkörper sollte sie sein, sondern ein Zentrum der Integration. Deutschkurse finden hier jeden Tag statt, die Tür der Moschee ist immer offen. „Wir befinden uns jetzt im Gebetsraum“, erklärt Idriz. „Die Bürger, die Menschen, die vor der Moschee stehen, können hier hineingucken, wenn sie Interesse haben und wissen wollen: Was passiert in einer Moschee? Was wird gepredigt in einer Moschee?“ Der katholische Religionswissenschaftler Jakob Wimmer unterstützt Idriz und will gemeinsam mit ihm in München ein Zentrum für den Islam in Europa bauen. Es soll eine Radikalisierung islamischer Gemeinden verhindern und Vorurteile abbauen – kein leichtes Unterfangen. (..)

„Uns als trojanisches Pferd zu bezeichnen, schmerzt uns sehr“, sagt Idriz. „Unsere Gemeindemitglieder sind in der letzten Zeit durch die Attacken der Islamgegner sehr betroffen.“ Auch deshalb hat Idriz sein Buch geschrieben. Und an Politiker verschickt. Viele waren schon hier, der Bundespräsident will demnächst kommen. Doch die Islamgegner lassen ihn nicht in Ruhe. Die Penzberger mögen ihre islamische Gemeinde – das darf nicht sein. „Es muss darum gehen, dass wir miteinander vernünftig auskommen und Perspektiven entwickeln, wie das funktionieren kann“, fordert Religionswissenschaftler Jakob Wimmer. „Imam Idriz hat solche Perspektiven in bewundernswerter Weise entwickelt wie noch kein Imam im deutschen Sprachraum.“ (..)

Quelle: https://www.3sat.de/?source=/kulturzeit/lesezeit/150470/index.html

KND: Gebet Richtung Mekka, Politik Richtung Berlin

Ein Imam kämpft dafür, dass der Islam in Deutschland ankommt.

Obwohl es schon seit einem halben Jahrhundert Imame in Deutschland gibt, veröffentlicht zum ersten Mal einer von ihnen ein Buch auf Deutsch. Das weckt Neugier, und so ist der Vortragsraum vor dem Münchner Völkerkundemuseum zur Buchvorstellung überfüllt.

Draußen verteilen Anhänger der rechtslastigen „Bürgerbewegung Pax Europa“ ihre Pamphlete, drinnen wartet der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück (ZdK), auf seinen Gesprächspartner. Benjamin Idriz gilt als fortschrittlicher muslimischer Theologe. „Grüß Gott, Herr Imam!“, heißt sein Buch. Der 38-Jährige bejaht die Gleichberechtigung von Mann und Frau, bekennt sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und predigt auf Deutsch. Trotzdem wird seine Gemeinde vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet.

Deren Vorsitzender war an seinem früheren Wohnort Mitglied in einer von Milli Görüs betreuten Moschee. Diese Vereinigung, die nicht nur vom Bundesinnenministerium kritisch beäugt wird, hat ihm bisher seinen Austritt nicht bescheinigt. Und so ist ausgerechnet sein liberaler Imam, der regelmäßig das Missfallen konservativer Muslime hervorruft und in seinem Wohnort so integriert ist, dass auch Christen ohne Migrationshintergrund von „unserer Penzberger Moschee“ sprechen, in den Verdacht geraten, Kontakte zu den falschen Leuten zu pflegen.

Wer die Texte aus dem vorgestellten Buch hört, findet nichts, was dieses Misstrauen bestätigen könnte. Idriz lehnt zum Beispiel Trauungen „nur vor dem Imam“ ab, weil er auch die Trauungsurkunde des Standesamts sehen will. Der Penzberger Imam ist gegen Zwangsehen und für Religionsfreiheit. Er will, dass Imame in Deutschland ausgebildet werden und dass sich Muslime im Gemeinwesen engagieren.  „Das Gebet geht nach Mekka, die politische Ausrichtung nach Berlin“, lautet seine Losung. Ein sogenannter Gottesstaat sei weder mit dem Islam noch mit der Demokratie vereinbar.

Schon länger bekannt
Glück kennt den Autor schon aus seiner Zeit als aktiver CSU-Politiker und Bayerischer Landtagspräsident. Auch ihm geht es um eine Verständigung mit den Muslimen in Deutschland. Er hält Idriz„ Positionen für zukunftsweisend, „auch wenn er eine Minderheitenmeinung innerhalb des Islam vertreten sollte“. Schon öfter hätten engagierte Minderheiten die gesellschaftliche Entwicklung vorangetrieben.

Dem ZdK-Präsidenten hat die Islam-Debatte der vergangenen Monate nach eigenem Bekunden „richtig wehgetan“. Er habe selbst erlebt, wie Muslime in Diskussionen auf Vorbehalte getroffen seien, wenn sie sich zu ihrem Glauben bekannten. Dabei habe die Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“ des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge 2009 gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Muslime hierzulande nicht im Widerspruch zum Grundgesetz stehe.

Vorbehalte auf beiden Seiten
Beide Diskutanten bedauern, dass Vorbehalte auf beiden Seiten zunehmen. Idriz sagt, Muslime hätten immer häufiger das Gefühl, in Deutschland nicht mehr erwünscht zu sein. Das könne bei einer Minderheit auch zu einer Radikalisierung führen. Zugleich vertraut der Imam darauf, dass liberale Theologen wie etwa die von der islamischen Fakultät der Universität Ankara an Einfluss gewinnen. In Ankara wird der Koran historisch-kritisch gelesen.

Glück erinnert daran, dass viele Errungenschaften im Westen auch noch gar nicht so lange den Segen der Kirche haben. So sei die Religionsfreiheit von der katholischen Kirche im Prinzip erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den 1960er Jahren als Menschenrecht anerkannt worden. Einmütig wenden sich Glück und Idriz gegen Versuche von Extremisten auf beiden Seiten, das Zusammenleben von Muslimen und Nicht-Muslimen in Deutschland zu beschädigen: Kritik sei in Ordnung, Hetze nicht.

Hinweis: Benjamin Idriz, „Grüß Gott, Herr Imam!“, Diederichs Verlag München 2010, 223 Seiten, 16,99 Euro
Gabriele Riffert / kna
Quelle: http://www.domradio.de/aktuell/69912/gebet-richtung-mekka-politik-richtung-berlin.html

PNP: „Grüß Gott, Herr Imam“: Sarrazins Gegenstück

Der Penzberger Imam Benjamin Idriz stellt Buch vor – Islam und Christentum können sich vertragen

München. Wenige Monate nach dem Rundumschlag des Ex-Bundesbankers Thilo Sarrazin gegen muslimische Einwanderer legt der Penzberger Imam Benjamin Idriz seinen Gegenentwurf vor: das Buch „Grüß Gott, Herr Imam“. Darin will der muslimische Geistliche zeigen, dass sich Islam und Demokratie vertragen können. Gleichzeitig beklagt Idriz steigende Islamfeindlichkeit in Deutschland. Eine Diffamierung und Stigmatisierung friedfertiger Muslime werde diese viel eher isolieren und zur Parallelgesellschaft führen, sagte Idriz . „Wenn wir wirklich eine gelungene Integration wollen, dann ist Dialog mehr als Luxus.“

In seinem Buch behandle er den Islam, „wie ich ihn als Europäer verstehe“, sagte der aus Mazedonien stammende Idriz. „Auch wenn der Islam, genau wie Judentum und Christentum, aus dem Orient stammt, ist er seit vielen Jahrhunderten ein Teil Europas, und er ist heute auch ein Teil Deutschlands, wie es der Bundespräsident beschrieben hat.“ Unterstützt wird Idriz bei der gestrigen Buchvorstellung von Alois Glück, dem langjährigen CSU-Politiker und heutigen Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

„Grüß Gott, Herr Imam“ behandelt in zehn Kapiteln Fragen wie Frauen im Islam, Theologie und Imam-Ausbildung in Deutschland sowie das Reizthema Scharia und Grundgesetz. „Und es möchte zeigen, dass es möglich ist: Islam und Demokratie, Menschenrechte, Freiheit, Gleichberechtigung miteinander zu vereinbaren“, sagte Idriz. Idriz warf Sarrazin und anderen Islam-Kritikern vor, explizit und beharrlich bestehende Probleme zu benennen, aber nur selten seriöse Lösungsvorschläge einzubringen.

Quelle: pnp.de

Der Anti-Sarrazin: Imam legt Islam-Buch vor

München (dpa/lby) – Wenige Monate nach dem Rundumschlag des Ex- Bundesbankers Thilo Sarrazin gegen muslimische Einwanderer legt der Penzberger Imam Benjamin Idriz seinen Gegenentwurf vor: sein Buch «Grüß »Gott, Herr Imam». Darin will der Geistliche zeigen, dass sich Islam und Demokratie vertragen können. Gleichzeitig beklagt Idriz steigende Islamfeindlichkeit in Deutschland. Eine Diffamierung und Stigmatisierung friedfertiger Muslime werde diese viel eher isolieren und zur Parallelgesellschaft führen, warnte Idriz am Freitag in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. «Wenn wir wirklich eine gelungene Integration wollen, dann ist Dialog mehr als Luxus.»

Quelle: bild.de

Imam legt Buch vor: Islam und Demokratie im Einklang

München. (dpa) Wenige Monate nach dem Rundumschlag des Ex-Bundesbankers Thilo Sarrazin gegen muslimische Einwanderer legt der Penzberger Imam Benjamin Idriz seinen Gegenentwurf vor: das Buch „Grüß Gott, Herr Imam“. Darin will der muslimische Geistliche zeigen, dass sich Islam und Demokratie vertragen können.

Gleichzeitig beklagt Idriz steigende Islamfeindlichkeit in Deutschland. Eine Diffamierung und Stigmatisierung friedfertiger Muslime werde diese viel eher isolieren und zur Parallelgesellschaft führen, sagte Idriz am Freitag. „Wenn wir wirklich eine gelungene Integration wollen, dann ist Dialog mehr als Luxus.“

In seinem Buch behandle er den Islam, „wie ich ihn als Europäer verstehe“, sagte der aus Mazedonien stammende Idriz. „Auch wenn der Islam, genau wie Judentum und Christentum, aus dem Orient stammt, ist er seit vielen Jahrhunderten ein Teil Europas, und er ist heute auch ein Teil Deutschlands, wie es der Bundespräsident beschrieben hat.“ Unterstützt wird Idriz bei der Buchvorstellung am Freitagabend von Alois Glück, dem langjährigen CSU-Politiker und heutigen Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Reizthema Scharia
„Grüß Gott, Herr Imam“ behandelt in zehn Kapiteln Fragen wie Frauen im Islam, Theologie und Imam-Ausbildung in Deutschland sowie das Reizthema Scharia und Grundgesetz. „Und es möchte zeigen, dass es möglich ist: Islam und Demokratie, Menschenrechte, Freiheit, Gleichberechtigung miteinander zu vereinbaren“, sagte Idriz. „Und zwar nicht, weil Muslime sich quasi notgedrungen an Verhältnisse anpassen müssten, die ihnen innerlich widerstreben, sondern weil alle diese Werte dem Islam entsprechen, weil der Islam – nach meinem Verständnis – genau das von uns verlangt.“ Das Buch sei an Muslime und Nicht-Muslime gerichtet. Idriz warf Sarrazin und anderen Islam-Kritikern vor, explizit und beharrlich bestehende Probleme zu benennen, aber nur selten seriöse Lösungsvorschläge einzubringen. Er wolle mit seinem Buch den Unterschied verdeutlichen „zwischen denen, die über Muslime reden und zur Eskalation von Konflikten beitragen, und denjenigen, die mit Muslimen reden und gemeinsam mit ihnen nach Lösungen suchen“.

AA: Ein „Grüß Gott“, das nicht alle hören wollen

„Grüß Gott, Herr Imam – eine Religion ist angekommen“ ist der Titel eines Buches, das Alois Glück (CSU), der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, heute Abend im Völkerkundemuseum in München vorstellt. Autor des Buches ist Benjamin Idriz (38), der Imam von Penzberg in Oberbayern und Mitinitiator eines in München geplanten Zentrums für „Islam in Europa“. Manuela Mayr sprach mit Benjamin Idriz über sein Buch.

Wie kam das Engagement von Alois Glück zustande?
Idriz: Ich habe dem Verlag mehrere Angebote von Publizisten vorgeschlagen, die das Buch vorstellen sollten. Ich habe dann aber Herrn Glück bevorzugt, der wie wir für ein friedliches Zusammenleben der Kulturen eintritt. Herr Glück ist als Politiker und tiefgläubiger Katholik ein wunderbarer Vermittler.

Kennen Sie ihn schon länger?
Idriz: Er hat 2006 unsere Moschee besucht und ich habe ihn bei vielen Gelegenheiten als Fürsprecher eines offenen Dialogs kennengelernt, der nicht diffamiert und stigmatisiert. Ich freue mich, dass er zugesagt hat.

Herr Glücks Parteifreund, Innenminister Joachim Herrmann, lässt Sie vom Verfassungsschutz beobachten. Er hat Ihnen einmal vorgeworfen, Sie hätten Ihre Kontakte zu Islamisten bestritten und damit „gelogen“. Wie finden Sie das?
Idriz: Ich habe Herrn Minister Herrmann darauf angesprochen und ihn gebeten, ein Beispiel für Kontakte zu nennen, aber keine Antwort bekommen. Ein Telefongespräch mit einer islamistischen Person ist kein Beweis, dass ich dessen Meinung teile. Europaministerin Emilia Müller ist mit der betreffenden Person nach Südafrika gereist, der Integrationsbeauftragte der Staatsregierung, Herr Martin Neumeyer, hat bei einer Veranstaltung von Milli Görüs eine Rede gehalten. Es gibt viele ähnliche Beispiele von CSU-Politikern. Nur ich als Imam werde für diese Art von Kontakten vom Verfassungsschutz überwacht. Das ist unverständlich.

Wie macht sich die Überwachung im Leben Ihrer Familie bemerkbar?
Idriz: Wir leben in einem Gefühl des Unfriedens. Weil wir beobachtet werden, fühlen wir uns nicht frei. In letzter Zeit hat es auch Bedrohungen gegeben. Eine islamfeindliche Gruppe hat in Geretsried und Bad Tölz Flugblätter verteilt, auf denen ich namentlich genannt werde. Die Verfasser fordern mich auf, das Land zu verlassen. Und gerade habe ich erfahren, dass es heute vor dem Völkerkundemuseum eine Demonstration geben wird. Das alles macht Unbehagen. Ich habe heute mehr Bedenken vor extremen Islamgegnern als vor muslimischen Extremisten.

Der Titel „Grüß Gott, Herr Imam“ klingt freundlich bayerisch. Worum geht es Ihnen in dem Buch?
Idriz: Um all die wichtigen Themen, die in den letzten Jahren diskutiert worden sind: ob der Islam grundgesetzkonform ist, ob er integrierbar ist, ob die Scharia mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Meine Antwort ist: Der Islam ist völlig integrierbar, er ist für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Pluralismus. Auch die Gleichberechtigung der Frau ist im Islam ein zentrales Thema.

Kürzlich hat ein Münchner Imam seine Frau krankenhausreif geschlagen.
Idriz: Das hat er nicht im Namen des Islam getan. Wir Imame haben sein Verhalten verurteilt.

Wird der Koran falsch interpretiert?
Idriz: Manche Abschnitte des Korans geben Antworten auf die Probleme des 7. Jahrhunderts. Wir brauchen unbedingt eine Interpretation für unsere Zeit.

Interview: Manuela Mayr
Quelle: augsburger-allgemeine.de

AZ: Integration von Muslimen: „Alle unter Generalverdacht“

Alois Glück ist Vorsitzender des Zentralkomitees der Katholiken und CSU-Politiker. Im Völkerkundemuseum diskutiert er heute mit dem Penzberger Imam Benjamin Idriz über dessen Buch.

MÜNCHEN  –  Benjamin Idriz (38), der Imam von Penzberg. Der hat ein Buch geschrieben, mit dem er Vorurteile entkräften will: „Grüß Gott, Herr Imam! Eine Religion ist angekommen“ (Diederichs 16,99). Das Idealbild eines integrierten Muslims entwirft Idriz darin und legt sich mit den Fundamentalisten an. Auf Einladung der evangelischen Stadtakademie München diskutiert er darüber mit Alois Glück am Freitag um 19:30 Uhr im Völkerkundemuseum. Die AZ hat sich mit Glück unterhalten.

AZ: Herr Glück, Sie sind CSU-Politiker und Vorsitzender des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Jetzt stellen Sie das Buch des Penzberger Imams vor. Wie das?
ALOIS GLÜCK: Ich beobachte und kenne die Arbeit der Penzberger Gemeinde seit zehn Jahren. Es ist dringend notwendig, dass wir konstruktive Gespräche führen. Die gegenwärtigen Debatten zum Thema Islam schwanken zwischen schönfärberischen Illusionen und generellen Verdächtigungen und Verurteilungen. Auf der Basis können wir die allseits gewünschte Zusammenarbeit nicht gestalten. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir solche konkreten Gespräche führen, zumal Imam Idriz in seinem Buch auch Positionen vertritt, die ihm viel Gegnerschaft bei den fundamentalistischen Muslimen einbringt.

Für Ihren Parteifreund Innenminister Joachim Herrmann ist Herr Idriz eine Reizfigur. Er hält ihn für einen Wolf im Schafspelz, lässt ihn vom Verfassungsschutz beobachten und hat vor Gericht Recht bekommen. Wie passt das?
Ich habe Respekt vor der Arbeit des Verfassungsschutzes. Er ist eine wichtige Einrichtung. Aber ich habe mich sehr intensiv mit der Situation befasst. Mir ist nicht bekannt, dass der Verfassungsschutz zu der konkreten Arbeit in Penzberg Kritik vorgebracht hat.

In seinem Buch gibt der Imam 20 Regeln vor, wie sich Muslime hier integrieren sollen. Dazu gehört auch, die Finanzbehörden und den Staat nicht zu betrügen, den Müll zu trennen, nicht zu laut Musik zu hören und nachts keine Besuche zu empfangen. Was haben Sie gedacht, als Sie das gelesen haben?
Das ist ein Impuls, ein Bemühen für ein Zusammenleben, das über die Normen des Grundgesetzes hinaus sich an der Kultur unseres Landes orientiert. Die Einzelnen müssen hier ihren Weg finden. Es sind Empfehlungen für ein integrierendes Verhalten.

Islamkritiker sagen, Muslime seien nicht integrierbar. Auch Horst Seehofer sympathisiert damit und will keine Zuwanderer aus der Türkei und arabischen Staaten.
Es ist nicht richtig, dass Muslime generell nicht integrierbar sind. Dafür gibt’s hunderttausende von positiven Beispielen in unserem Land. Ein großes Problem der Diskussion der letzten Monate ist, dass alle unter Generalverdacht gestellt werden. Gerade diejenigen, die sich integriert haben, die oft ganz wertvolle Arbeit in unserer Gesellschaft erbringen und dafür keinerlei Anerkennung erfahren. Das fördert natürlich nicht die Bereitschaft zur Integration. Es ist auch falsch, dass der Islam und eine moderne Welt nicht zu vereinbaren wären.

Die CSU wird nicht müde zu betonen, „bei uns gilt das Grundgesetz und nicht die Scharia“. Herr Idriz aber fordert einen „Fatwa-Rat“ für Deutschland, der islamische Rechtsgutachten erstellt.
Es geht hier nicht darum, dass die Scharia oder solche Gutachten über dem Grundgesetz stehen würden. Mit dem Fatwa-Rat verbindet er Empfehlungen, wie gelebter Glaube und Leben in dieser modernen Welt miteinander verbunden werden können. Das kennen wir auch aus dem Christentum. Was wir dringend brauchen, ist eine viel differenziertere Betrachtung der Vielfalt des Islams. Der Grundfehler beginnt damit, dass wir immer nur sagen „der Islam“ – und meistens nur Nachrichten über die Islamisten kennen.

Im Umgang mit Frauen wirft Idriz den Muslimen „steinzeitliches Denken“ vor. Die CSU hat bei diesem Thema auch Nachholbedarf.
Das sind völlig unsinnige Verquickungen und Gegenüberstellungen. Das ist keine sinnvolle Art, die Dinge zu diskutieren.

Idriz propagiert ein modernes Menschenbild, mit Frauen in kurzen Röcken und ohne Kopftuch. Nehmen Sie ihm das ab?
Ja. Das gibt es ja in vielen islamischen Ländern. Das können Sie in der Türkei sehen. Das habe ich auch in Marokko erlebt.

Idriz gilt als fortschrittlich, ist aber auch umstritten. Ihm wird „Taqiyya“ vorgeworfen, also Nichtmuslime über seine wahren Absichten zu täuschen. Wie denken Sie darüber?
Es kann nicht jemand über so lange Zeit und unter dem Aspekt Täuschung eine solche Arbeit betreiben. Man kann natürlich mit dem Totschlagargument, hier verstellt sich jemand, jede Gesprächsmöglichkeit verweigern. Dann haben wir aber nur die Wahl der Konfrontation mit dem Islam in Deutschland und weltweit. Wir brauchen aber eine ehrliche Auseinandersetzung.

Interview: Angela Böhm
Quelle: abendzeitung.de

Das Gelbe Blatt: Die Stimme der Muslime

Von ANDRÉ LIEBE

Penzberg – Wenn man zum Imam „Grüß Gott“ sagt und der den Gruß auch gleiche Art und Weise erwidert, dann verbirgt sich dahinter auch eine Botschaft: nämlich die, dass sich der Imam hierorts zumindest ganz gut eingelebt hat. Der Penzberger Imam Benjamin Idriz aber will nicht nur zeigen, dass er die sprachlichen Gepflogenheiten seiner neuen Heimat angenommen hat, er will vielmehr ein Zeichen setzen dafür, dass der Islam und das Grundgesetz kein Widerspruch sind und dass der Koran eigentlich alle Voraussetzung für eine gelungene Integration der Muslime bietet. „Grüß Gott, Herr Imam!“ heißt das Buch, in dem Idriz mit vielen Vorurteilen dem Koran gegenüber aufräumen will und seine Vision eines Euro-Islam schildert. Seit Montag ist das Buch im Handel erhältlich.

Es ist eine sehr umfassende Abhandlung, die Idriz da verfasst hat, und die sich mit seinen Gedanken für eine islamische Theologie in Deutschland ebenso befasst wie mit der „Scharia“, die Idriz völlig anders interpretiert, als man das aus dem Fernsehen kennt. Von besonderem Interesse aber dürfte sein, dass Idriz die großen Wertvorstellungen des Islam dezidiert herausarbeitet – und dabei keine Unterschiede zu den Werten im Grundgesetz feststellt. Mit diesem Buch will der Imam vor allem eines erreichen: er will in Zeiten einer fortwährenden Integrationsdebatte die Stimme der Muslime in Deutschland sein und ihnen zeigen, „dass sie stolz auf ihre Religion sein können, weil diese mit den Wertvorstellungen der Bundesrepublik im Einklang steht“. Zugleich will er andere führende Muslime in Deutschland ermuntern, sich ebenfalls öffentlich zu äußern: „Ich hoffe, dass ich damit einen Dialog zu mehr gegenseitigem Verständnis in Gang setze“, sagt Idriz.

Interview: „Grüß Gott, Herr Imam!“ kostet 16,99 Euro und ist in Penzberg bei der Buchhandlung Rolles erhältlich.
Quelle: dasgelbeblatt.de

BR: Islamdebatte „Grüß Gott, Herr Imam“

Der Bayerische Verfassungsschutz wirft dem Imam Benjamin Idriz und seiner islamischen Gemeinde in Penzberg Kontakte zu Islamisten vor. Jetzt hat Idriz ein Buch mit dem Titel „Grüß Gott, Herr Imam“ geschrieben – es soll auch eine Antwort an seiner Verfolger aus der Justiz sein.

Von Birgit Frank (BR 2)

Der Penzberger Imam Benjamin Idriz braucht nur sechs Seiten, um die Lösung aller deutschen Integrationsprobleme zu präsentieren: den perfekt integrierten Muslim – in 20 Stichpunkten: Der sollte laut Idriz Deutsch lernen, die Gesetze achten, die Nationalhymne singen können, deutsche Zeitungen lesen – aber auch den Müll trennen, nur gebügelte Hosen tragen, nicht zu laut Musik hören – und er soll einen Bibliotheksausweis haben.

„Viele Muslime haben mich gefragt: Was bedeutet Integration? Wie kann ein Muslim sich in diese Gesellschaft integrieren? Ein Fehler ist, dass einige Muslime sich überhaupt nicht mit diesem Land identifizieren wollen. Und es reicht hier nicht, allgemein daherzureden – sondern viele Muslime erwarten von einem Imam ganz konkrete Beispiele.“

Übersteigerte Klischees
Überflüssig zu sagen, dass es um die Integration des Christentums nicht gut bestellt wäre, würde man sie in der Anzahl der Bibliotheksausweise bemessen. Der perfekt integrierte Muslim gerät in Idriz‘ Vorstellung also eher zu einem übersteigerten deutschen Klischee von Sauberkeit, Bildung und Ordnung. Aber eigentlich geht es dem Imam nicht um Bibliotheksausweise oder Mülltrennung. Sondern er will zeigen, dass der Islam, so wie er ihn versteht,  in Deutschland integrierbar und mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Zum Beispiel, weil für ihn Frauen auch im Islam gleichberechtigt sind:

„Ich sage, dass Gott keinen Unterschied zwischen Mann und Frau macht, dass sie gleich erschaffen von Gott sind. Und ich versuche auch, den Artikel über Gleichberechtigung in unserem Grundgesetz auch mit dem Koran zu bestätigen.“

Wenn muslimische Frauen unterdrückt werden, sind laut dem Imam die Männer schuld – und nicht der Koran. Genauso bei der angeblichen Kopftuchpflicht:

„Ich versuche, in meinem Buch muslimischen Frauen zu sagen, dass das Kopftuch kein religiöses Dogma ist. Eine Religiosität hängt nicht an einem Kopftuch.“

Anstoß zur Diskussion
Der Imam interpretiert den Koran – er befreit den Islam von „Staubschichten“, wie er sagt. Das könnte manch konservativen Muslimen nicht gefallen. Kein Problem für Benjamin Idriz – denn er will mit seinem Buch Diskussionen anstoßen. Neben der theologischen Auseinandersetzung macht er in dem Buch auch Werbung für sein großes Projekt: ein Islam-Zentrum samt einer Akademie für Imame, das er in München gründen will. Und zum Dritten ist das Buch auch eine Art politische Antwort: Denn der bayerische Verfassungsschutz verdächtigt Idriz schon seit Jahren, seine liberale und fortschrittliche Einstellung nur vorzutäuschen. Dem Imam werden Kontakte zu Organisationen vorgeworfen, die als verfassungsfeindlich eingestuft werden. Jetzt hat Benjamin Idriz den Verfassungsschützern auf 224 Seiten geantwortet:

„Ich versuche, einige Missverständnisse und Vorurteile gegenüber dem Islam zu erklären. Mein Versuch ist, den Menschen im Verfassungsschutz und auch allen anderen, die über den Islam oft diskutieren, zu helfen: Ich will ihnen das wahre  Gesicht des Islam zeigen.“

Das Buch fällt in eine Zeit, in der plötzlich von „Kulturkreisen“ geredet wird, und von sogenannten islamischen Vierteln. Und in eine Zeit von zunehmend anti-islamischer Hetze: Zum Beispiel auf einem Flugblatt, das vor zwei Wochen in Geretsried verteilt worden war – kurz bevor Mitglieder der islamische Gemeinde Penzberg dort mit Gymnasiasten über den Islam diskutiert wollten:

„Der Islam ist keine Bereicherung für Deutschland, sondern wird eine große Katastrophe verursachen und bedeutet den wirtschaftlichen und kulturellen Niedergang Deutschlands.“

Auf dem Flugblatt wird der Imam Benjamin Idriz auch persönlich angegriffen – und das nicht zum ersten Mal. Gleichzeitig steigt die Angst vor islamistischen Terroranschlägen.

„Wir als Muslime in Penzberg fühlen uns in letzter Zeit, also nach dieser Terrorwarnung, auch nicht sicher: Weder von möglichen Terroristen noch von Leuten, die Muslime pauschal verdächtigen und vielleicht denken, dass wir auch so schrecklich sind. Wir müssen ganz vorsichtig sein: Ein Generalverdacht ist ein Terror auf der anderen Seite.“

Der Imam Benjamin Idriz will mit seinem Buch provozieren: Die konservativen Muslime – aber auch die Islamkritiker, für die der Islam in Deutschland nicht integrierbar ist. Es gibt also endlich ein neues Integrationsbuch zu diskutieren.

Quelle: br-online.de

Für einen „europäischen Islam“. Ein neues Buch

Benjamin Idriz, Penzberg, macht weit reichende Vorschläge

„Grüß Gott, Herr Imam“ ist der Titel eines Buches von Benjamin Idriz, er ist Imam im bayerischen Penzberg. Und er gehört, wie der Titel nahe legt, für viele seiner Mitbürger offenbar längst ganz selbstverständlich zur bayerischen Heimat. Denn der Gott, den der Imam „grüßen“ soll, ist von dem Gott wohl gar nicht so verschieden, den die anderen, die christlichen Bayern, ebenfalls mit derselben populären Formel „grüßen“ sollen. Der Imam würde wohl sagen, es ist derselbe Gott, den Juden, Christen und Muslime – unter verschiedenen Namen – verehren. Benjamin Idriz hat sich mit seinem überaus anregenden Buch viel vorgenommen: Er will seine Glaubensbrüder und Glaubensschwestern mit allem Nachdruck darauf hinweisen: Sie sollten hier in Deutschland und überhaupt in Europa einen modernen, demokratischen, einen europäischen Islam aufbauen. Benjamin Idriz, er stammt aus Mazedonien, hat in Damaskus studiert und ist seit 1995 in Penzberg, möchte „das eigentliche Wesen des Islam“ herausarbeiten. Dafür hat er Vorbilder unter Islam – Gelehrten aus Bosnien. Der reformierte, der moderne Islam kann nur in den Blick geraten, wenn auch der menschlichen Vernunft die entscheidende Bedeutung zugesprochen in der Erkenntnis dessen, was der Koran wirklich meint. „Der Mensch ist das würdigste Geschöpf Gottes, daher sind seine Vernunft, Freiheit und Würde, sein Glaube und sein Leben unantastbar“ (S. 17). „Alle Propheten (also auch die jüdischen und christlichen CM.) sind gleichgestellt, denn sie haben eine gemeinsame Botschaft… Alle Menschen sind auf Erden vor dem Recht gleich….Aggression und Usurpation sind Vergehen“ (S. 18)… „Der Friede ist heilig, der Krieg ist zu verabscheuen“ ) S. 19. Solche grundlegenden humanistischen Anschauungen eines aufgeklärten europäischen Islam kann man seitenweise in dem Buch lesen. Besonders wichtig erscheint mir das Kapitel, das Benjamin Idriz mit “Das Porträt der idealen muslimischen Persönlichkeit in Bezug auf Integration“ überschrieben hat. Abschließend heißt es in dem Kapitel: „Sie (die ideale muslimische Persönlichkeit) unterzieht ihr Religionsverständnis einer Prüfung durch die Vernunft und hält dadurch Abstand von extremen Haltungen“. (S 31).

Treffender wäre es wohl gewesen zu schreiben, „diese Person missbilligt und verurteilt extreme Haltungen“.

In jedem Fall verdient das ausdrückliche Bemühen, einen, so wörtlich, „europäischen Islam“ aufzubauen, hohe Anerkennung. Man würde sich beinahe wünschen, dass dieses Buch gratis in allen Moscheen in Deutschland, aber auch in allen Kirchen, Synagogen und religiösen Zentren gratis verteilt würde. Die in dem Buch genannte Liste der Freunde und Unterstützer des Penzberger Projekts und damit auch seines Initiators ist lang, sie umfasst Bischöfe und Bürgermeister, auch den CSU Politiker und Vorsitzenden des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Alois Glück. Merkwürdig, dass die Vorwürfe des bayerischen Innenministers („verkappter Radikaler“) vom Sommer 2010 gegenüber der Penzberger Moschee in dem Buch nicht ausführlich behandelt und erwidert werden. Benjamin Idriz leidet offenbar darunter, wie stark heute noch im alltäglichen Islam, auch in Europa, die „eigentlich“ universalen Werte des Korans und die Werte des Humanismus überlagert werden durch volkstümliche (arabische, türkische usw.) Traditionen, die kulturell zu verstehen sind, aber eigentlich mit dem Islam nichts zu tun haben (das gilt etwa für die Rolle der Frauen in der unreflektierten islamischen Alltagspraxis). Als oberstes Gebot gilt darum für den Penzberger Imam die Bildung.

Vielleicht kann von Penzberg aus tatsächlich eine umfassende Reformbewegung des Islam gefördert werden, vielleicht schließen sich mehr Imame dieser vom humanistischen Geist geprägten Islam – Theologie an. Merkwürdig bleibt, warum dieses globale Projekt eines „humanistischen, vernünftigen und kritischen Islam“ auf Europa beschränkt bleiben soll. Man würde sich dringend wünschen, dass diese globale Islam -Reformation auch die islamische (und politische) Praxis in den Ländern Arabiens usw. erreicht. Es geht doch um viel mehr, als bloß um einen reformierten Euro – Islam.

Benjamin Idriz, „Grüss Gott, Herr Imam!“. Eine Religion ist angekommen. Diederichs Verlag München, 2010,223 Seiten, 16,99 Euro
Quelle: religionsphilosophischer-salon.corbida.de

Sonntagsblatt: Plädoyer für den „Euro-Islam“

Benjamin Idriz und sein Buch »Grüß Gott, Herr Imam«

Der Penzberger Imam Benjamin Idriz ist eine zentrale Figur im bayerischen interreligiösen Dialog mit dem Islam. Sein Buch mit dem Untertitel »Eine Religion ist angekommen« kommt am 29. November in die Läden.

Misstrauen und Vorurteile gegen den Islam sind seit Jahrhunderten in Europa gewachsen. Das ist auch Benjamin Idriz bewusst, der seit 1995 der Islamischen Gemeinde Penzberg als Imam vorsteht. Wenn sein Buch »Grüß Gott, Herr Imam« am 29. November erscheint, dann platzt es mitten hinein in eine hitzige Integrationsdebatte, in eine Diskussion um die Islamisierung Europas und in Terrorwarnungen. Andererseits ist in der fortschrittlich-aufgeschlossenen Moschee von Penzberg eine »oberbayerisch-muslimische Erfolgsgeschichte« gelungen. Ist Idriz somit der Mann, der den Gordischen Knoten der Islam-Debatte lösen kann?

Idriz wirbt in seinem Buch vehement für einen »Euro-Islam«, der die Glaubens- und Moralgrundsätze bewahrt und zugleich mit den europäischen Werten vereinbar ist. Erfahrungsgrundlage ist für Idriz der bosnische Islam und seine »Nähe zur europäischen Mentalität« – wobei er unter anderem klar Stellung bezieht für die Würde der Frau und gegen ihre Verschleierung, die ein »Verstoß gegen den Islam« sei. Freilich plädiert er dafür, Schleier und Burka nicht zu verbieten, sondern argumentativ dagegen vorzugehen, denn »die wertvollste, die heiligste Körperpartie des Menschen ist sein Gesicht«.

Der 1972 im mazedonischen Skopje geborene Diplom-Theologe hat in Damaskus und Beirut studiert und ist seit 2009 Vorsitzender des Vereins »Zentrum für Islam in Europa – München« (ZIE-M). Dieser will die Ausbildung von Imamen in Deutschland vorantreiben, damit nicht länger türkische Imame ohne Deutschkenntnisse für befristete Zeiträume die Gemeinden betreuen müssen. Nur wenn die Gemeindevorsteher selbst in der deutschen Lebenswirklichkeit zu Hause sind, so Idriz, können sie auch ihre Gemeinde in Deutschland leiten.

Was Benjamin Idriz auf zweihundert Seiten, die sich flüssig lesen lassen, ausbreitet, ist ein engagiertes Plädoyer für einen frei denkenden Muslim, der Europa und den Islam als seine Heimat begreift – und eben nicht an Bräuchen und Traditionen arabischer Länder orientiert ist. Idriz argumentiert für eine moderne Koran-Interpretation, für eine Revolutionierung des muslimischen Rechtssystems, für die Gleichberechtigung der Geschlechter, für den Dialog bei Konflikten, Vorurteilen und Missverständnissen.

Konkrete Forderungen richtet er gerade auch an seine eigene Glaubensgemeinschaft: Imame sollen Frauen zum Freitags­gebet einladen, ihre Predigten in deutscher Sprache halten, und die Armensteuer soll die soziale Lage von Muslimen in Deutschland verbessern und nicht in Länder außerhalb Europas abgeführt werden. Auf breitem Raum wird schließlich eine »Islamische Akademie« vorgestellt, wie sie ZIE-M als Ausbildungsstätte für Imame und Seelsorger plant.

So modern sein Bild des Euro-Islam wirkt – an all diesen konkreten Punkten wird sich zeigen, ob Idriz über die Grenzen von Penzberg hinaus Erfolg hat. Denn die Frage dürfte nicht sein, ob wir diesen modernen »Euro-Islam« zulassen, sondern ob konservative Muslime sich von dieser Idee überzeugen lassen.

Oder wird Idriz zu spüren bekommen, dass ein christlich-sozialer Innenminister, der ihn trotz aller Unterstützer hartnäckig im Auge behält, noch nicht der ärgste Gegner ist im Vergleich zu Kritikern aus den eigenen Reihen?

Quelle: sonntagsblatt-bayern.de

BR: Islambuch Penzberg „Grüß Gott Herr Imam“

Der Imam Benjamin Idriz und seine islamische Gemeinde in Penzberg sind in ganz Deutschland bekannt. Einmal, weil die Gemeinde als vorbildlich integriert gilt. Er ist aber auch bekannt, weil der Bayerische Verfassungsschutz dem Imam diese liberale Einstellung nicht glaubt.

Jetzt hat Benjamin Idriz ein Buch geschrieben. „Grüß Gott, Herr Imam“ heißt es – und soll auch eine Antwort an den Verfassungsschutz sein. Es ist ein Buch, das für Diskussionen sorgen wird – unter Nicht-Muslimen, aber auch unter Muslimen. Schon im ersten Kapitel wird Benjamin Idriz konkret und beschreibt im Detail, wie er sich den perfekt integrierten Muslim vorstellt.

Für Idriz soll der perfekt integrierte Muslim Deutsch lernen, die Gesetze achten, deutsche Zeitungen lesen, aber auch den Müll trennen, nicht zu laut Musik hören und er soll einen Bibliotheksausweis haben.
Überflüssig zu sagen, dass das auch viele deutsche Christen nicht erfüllen. Aber Idriz geht es nicht um Mülltrennung. Er will zeigen, dass der Islam in Deutschland integrierbar und mit dem Grundgesetz vereinbar ist. So sagt er zum Beispiel, dass Frauen auch im Islam gleichberechtigt sind.

Wenn muslimische Frauen unterdrückt werden, ist das laut Idriz die Schuld der Männer und steht so nicht im Koran. Der Imam interpretiert den Koran, und befreit damit den Islam von „Staubschichten“, wie er sagt. Das könnte manch konservativen Muslimen nicht gefallen. Kein Problem für Idriz, denn er will mit seinem Buch eine Diskussion anstoßen.
Alles, was Benjamin Idriz schreibt, klingt sehr liberal und fortschrittlich – aber der Bayerische Verfassungsschutz verdächtigt Idriz, diese Einstellung nur vorzutäuschen. Dem Imam werden Kontakte zu Islamisten vorgeworfen. Mit seinem Buch will Idriz jetzt auch den Verfassungsschützern antworten.

Das Buch fällt in eine Zeit, in der der Islam heiß diskutiert wird und in der die Angst vor islamistischen Terroranschlägen steigt. Aber das darf laut Idriz nicht dazu führen, alle Muslime unter Generalverdacht zu stellen. Im Dezember will sich der 38-Jährige das erste Mal der Diskussion stellen, dann wird er sein Buch in München offiziell vorstellen.

Quelle: br-online.de

SZ: Imam hat ein Buch über aufgeklärten Islam geschrieben

Süddeutsche Zeitung, 30.11.2010

Reden wir über Muslime und Integration: Imam Benjamin Idriz hat ein Buch über aufgeklärten Islam geschrieben.
Für die einen ist der Penzberger Imam Benjamin Idriz ein liberaler Hoffnungsträger, für die anderen ein Blender, mit Kontakten zur Islamistenszene. Diese Woche hat der 38-Jährige sein neues Buch „Grüß Gott, Herr Imam“ (Diederichs, 16,99 Euro) herausgebracht. Die SZ hat mit ihm über Mülltrennung und Mustermuslime gesprochen.

SZ: Grüß Gott, Herr Imam. „Eine Religion ist angekommen“ lautet der Untertitel Ihres neuen Buches. Gilt das auch für den Islam hier im traditionell christlich-konservativen Oberland?
Idriz: Der Islam ist hier definitiv angekommen. Die Muslime und die Penzberger Moscheegemeinde sind ein fester Bestandteil des Oberlandes. Verwurzelt sind die Muslime aber noch nicht. Leider ist der Islam in der Mehrheitsgesellschaft noch nicht so geschätzt und anerkannt wie andere Religionsgemeinschaften. Hier in der Gegend sind beispielsweise etwa fünf Prozent der Bevölkerung Muslime, in den Ämtern und Behörden stellen sie aber nicht mal ein Prozent der Angestellten.

SZ: In Ihrem Buch entwerfen Sie  das Idealbild eines perfekt integrierten Muslims.  Aber mal ehrlich, wie viele solche Mustermuslime gibt es in Ihrer Gemeinde?
Idriz: Mustermuslime gibt es auch in unserer Gemeinde. Für das Idealbild des integrierten Muslims müssen wir noch mehr tun. In meinem Buch habe ich versucht, den Muslimen ganz konkrete Beispiele zu geben, damit sie sich besser integrieren und mit Deutschland identifizieren können.

SZ: Die Beispiele klingen teils banal: Müll trennen und nicht laut Musik hören, sollen die Gläubigen beispielsweise.
Idriz: Einiges ist banal. Aber es sind auch Dinge, die ich schon konkret gefragt wurde. Das Buch habe ich auch nicht nur für Penzberg oder Bayern geschrieben, sondern für ganz Deutschland. Ich war vor kurzem in Neukölln. Da sind so banale Dinge noch nicht normal.

SZ: Der bayerische Verfassungsschutz wirft Ihnen Kontakte zur Islamistenszene vor. Wollten Sie sich mit Ihrem Buch auch ein wenig von den Vorwürfen freischreiben?
Idriz: Ich habe mein Buch nicht geschrieben, um jemanden zu Gefallen oder jemandem zu schmeicheln. Mein Buch ist aber ein Widerspruch gegen das, was der Verfassungsschutz behauptet und widerspricht zugleich dem, was Islamisten denken. Mein Buch soll aufklären – auch die Verfassungsschützer. Denn das, was ich schreibe, denke ich. Wenn unsere Gemeinde nächstes Jahr wieder im Verfassungsschutzbericht auftaucht, dann ist eines klar: Dann ist es nicht deren Absicht, Islamismus zu verhindern, sondern unsere Gemeinde weiterhin zu stigmatisieren und eine ehrliche Integration zu verhindern.

Interview: Frederik Obermaier

Münchner Merkur – Imam Idriz: „Der Islam ist integrierbar“

Münchner Merkur, 09.11.2010

Penzberg – Sonnenlicht dringt durch die blau funkelnde Glaswand der Moschee in Penzberg. Von der Gebetsnische aus kann man in die oberbayerische Landschaft blicken. Dies ist der Arbeitsplatz von Benjamin Idriz, dem bekanntesten Imam Bayerns. Bekannt ist er, weil seine muslimische Gemeinde als vorbildlich integriert gilt. Weil er in München ein Islam-Zentrum bauen will. Aber auch, weil ihn der Verfassungsschutz im Visier hat: Der warf ihm Kontakte zu Islamisten vor. Idriz, 38, hat sich, mit Unterstützung vieler Politiker, immer gegen Islamismus-Vorwürfe gewehrt. Und will sie nun endgültig entkräften: Er hat ein Buch geschrieben, mit dem Titel „Grüß Gott, Herr Imam“. Darin skizziert er seine Vision von einem aufgeklärten europäischen Islam. Das Buch wird für Aufsehen sorgen –bei Muslimen wie bei Nichtmuslimen in Deutschland. Wir treffen den Imam zum Früstück, im ersten Stock der Moschee. Es gibt Brezen und Baklava, dazu türkischen Tee.

Grüß Gott, Herr Imam!
Ein herzliches Grüß Gott!

In Ihrem Buch schreiben Sie viel darüber, wie sich Muslime hierzulande verhalten sollen. Sollte ein Muslim in Bayern eine Lederhose haben?
(lacht.) Bayerische Kleidung widerspricht nicht dem islamischen Geist – im Gegenteil! Wenn ich Frauen im Dirndl sehe, dann ist das der typischen Kleidung muslimischer Frauen näher als vieles andere. Ich habe kürzlich mit einem Trachtenmode-Designer gesprochen. Ich habe ihn gebeten, mir einen passenden bayerischen Imam-Trachtenanzug zu entwerfen.

Sie stellen ja gleich im ersten Kapitel sehr deutliche Forderungen an Muslime: Sie müssen grundgesetztreu und voll integriert sein, aber auch Müll trennen und nicht zu laut Musik hören!
Es war mir sehr wichtig, ganz konkrete Anforderungen zu formulieren: Wie soll sich ein ideal integrierter Muslim verhalten? Alles, was ich fordere, ist aber konform mit dem Islam. Ein Muslim muss als Schüler fleißig, als Arbeiter aufrichtig sei, als Bürger die Gesetze des Landes achten und sich in seinem sozialen Umfeld engagieren. Ich bin gespannt auf die Reaktionen der Muslime.

Islamkritiker sagen, die Normen des Islam seien unvereinbar mit dem Grundgesetz und Muslime daher nicht integrierbar. 
Dieses Vorurteil ist weit verbreitet. Es gibt aber auch den Ruf nach islamischen Theologen, die erklären, wie Islam und westlicher Rechtsstaat zusammenpassen. In meinem Buch versuche ich, das zu tun. Der Islam ist integrierbar. Alles, was er fordert, ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Wie vermitteln Sie das den Islamkritikern?
Ich sage ihnen, dass der Islam kein starres Gebilde ist. Er kann sich modernen Gesellschaften anpassen. 90 Prozent der islamischen Lehre sind flexibel und zeitgemäß interpretierbar. Nur einige grundlegende Dinge sind festgelegt – Werte wie Barmherzigkeit und Gebote wie z.B. das fünfmalige Beten am Tag.

Blickt man auf die Entwicklung mancher muslimischer Staaten, bekommt man nicht gerade den Eindruck, sie seien flexibel…
Tatsache ist, dass die Religion schon kurz nach dem Tod Muhammads für politische Zwecke missbraucht worden ist. In dieser Zeit ist bei Muslimen sehr viel schiefgelaufen, erstarrte Regelwerke sind entstanden. Jetzt ist es die Aufgabe muslimischer Intellektueller, dies zu korrigieren.

Der Islam befand sich also über mehr als 1000 Jahre auf dem Irrweg?
In gewisser Hinsicht ist das so, leider. Über Jahrhunderte hinweg gab es das, was man heute „Gottesstaaten“ nennen würde – dabei ist ein Gottesstaat mit dem Islam unvereinbar, auch wenn noch so oft das Gegenteil behauptet wird. Im Islam ist eigentlich eine Trennung von Staat und Religion angelegt. Muhammad wurde von Gott nie als politischer Führer bezeichnet, sondern immer als Gottes Gesandter. Ich sage deshalb zu Muslimen: Richtet euch im Gebet nach Mekka – aber in der Politik nach Berlin und Brüssel.

Müssen sich Muslime dann nicht von der Scharia, dem islamischen Gesetz, distanzieren?
Die Scharia ist kein zeitloses Gesetz Gottes, sondern das Ergebnis von Auslegungen durch Menschen, die auf jeweilige kulturelle und historische Umstände bezogen sind. Ich distanziere mich entschieden von Auslegungen, die Menschenrechte mit Füßen treten. Der Begriff Scharia wird heute auf beiden Seiten immer wieder instrumentalisiert um feindselige Stimmungen anzuheizen.

In manchen Ländern gibt es bis heute Steinigungen – und die Richter berufen sich auf die Scharia.
So ein primitives Verständnis von Scharia hat im 21. Jahrhundert nichts verloren.

Kann es hierzulande neben dem Grundgesetz ein zweites Regelwerk wie die Scharia geben?
Nein. Die Vorstellung eines Parallelgesetzes widerspricht meinem Islamverständnis. Es wäre falsch, die Scharia hier als Parallelgesetz zu etablieren, jetzt oder in der Zukunft.

Dennoch fordern Sie einen „Fatwa-Rat“ für Deutschland – also ein Gremium, das Fatwas, islamische Rechtsgutachten, erstellt. Wäre das keine Parallelinstanz?
Eine „Fatwa“ ist eine religiöse Empfehlung, das hat nichts mit Politik zu tun. Wir haben das Problem, dass manche Muslime hierzulande oft den Fatwas und religiösen Interpretationen aus anderen Ländern folgen. Wäre es da nicht besser, einen Fatwa-Rat mit Islam-Wissenschaftlern in Deutschland zu etablieren?

Worüber würde so ein Fatwa-Rat urteilen?
Ein Beispiel: Gelatine wird aus Knochen von Schweinen hergestellt. Ein Mufti in Saudi-Arabien würde Muslimen da vielleicht verbieten, Gelatine zu essen! Aber wenn islamische Gelehrte hier sich damit vernünftig auseinandersetzen, könnten sie entscheiden, dass es Unsinn ist, Muslimen Gelatine zu verbieten.

In Dublin wurde ein europäischer Fatwa-Rat gegründet. Dessen Vorsitzender, Yusuf Qaradawi, legitimierte Selbstmordattentate von Palästinensern…
Ich habe ihm daraufhin einen Brief geschrieben, dass diese Fatwa meines Erachtens dem Islam widerspricht. Der Rat hat Qaradawis Position in dieser Sache auch nicht übernommen. Und der Rat hat auch sehr vernünftige Fatwas herausgegeben.

Auch im Koran gibt es Passagen, die Muslime zum Kampf gegen Nicht-Muslime auffordern.
Der Koran fordert nicht pauschal den Kampf gegen Nichtmuslime, sondern gegen Aggressoren vorzugehen. Die gemeinten Verse sind im Kontext des 7. Jahrhunderts zu sehen und nicht buchstäblich als zeitlose Weisungen zu verstehen. Muslime in Europa sollten sich nicht an ihnen orientieren.

Ist der Koran denn nicht verbindlich? Kann ein Muslim auswählen, was ihm gefällt und was nicht?
Ein Vers kann nicht aus dem Koran gestrichen werden. Die Bibel wird ja auch nicht verändert. Aber nicht alle Verse enthalten Weisungen, die für alle Zeiten gültig wären.

Man darf den Koran also interpretieren?
Natürlich. Genau das fordere ich. Man darf ihn nicht Wort für Wort dogmatisieren. Es geht doch nicht nur darum, was Gott im Koran sagt, sondern vor allem darum, was Gott damit meint. Gott hat den Menschen Vernunft gegeben, um den Koran in jeder Zeit neu zu interpretieren. Eine Schrift, die nicht mehr interpretiert werden könnte oder dürfte, wäre tot, doch der Koran ist ein lebendiges Buch.

Was Sie sagen, klingt fortschrittlich. Aber Ihnen ist auch vorgeworfen worden, Sie würden „Taqiyya“ betreiben – also Nichtmuslime über ihre wahren Ansichten hinwegtäuschen.
Jetzt kolportieren Sie selbst ein verbreitetes Vorurteil. Es ist eine schwere Anschuldigung gegen Muslime, dass sie sich verstellen und lügen würden. Ich denke, die beste Antwort auf solche Vorurteile ist eben mein Buch. Ein Buch unter meinem Namen, in dem ich alles begründe, was ich denke, kann keine so genannte „Taqiyya“ sein. Das Buch ist auch eine Antwort an den Verfassungsschutz, der unsere islamische Gemeinde stigmatisiert hat, obwohl wir seit Jahren einen völlig verfassungskonformen Islam leben und lehren. So ein Vorgehen der Behörden schürt gerade den Extremismus. Und es hat die Glaubwürdigkeit der Behörde in den Augen vieler massiv in Frage gestellt. Es ist höchste Zeit, zu sachlicher Kooperation zurückzukehren und diesen unsinnigen Streit zu beenden.

In ihrem Buch warnen Sie vor anti-islamischer Hetze. Sie vergleichen sie sogar mit dem Antisemitismus vergangener Jahre. 
Nein, ich möchte das nicht vergleichen. Ich will nur warnen: Wie man in der Vergangenheit mit religiösen Minderheiten umgegangen ist, darf sich nicht wiederholen, nirgendwo und gegen niemanden.

Sie schreiben aber auch zornig über Muslime. Im Umgang mit Frauen werfen sie vielen „steinzeitliches Denken“ vor.
Man muss das nicht schönreden: In vielen muslimischen Köpfen existiert ein Frauenbild, das ich als Mensch und als Imam nicht akzeptieren kann. Ich versuche, dagegen zu kämpfen und für Gleichberechtigung einzutreten.

Gehört das Kopftuch dann auch abgeschafft?
Das Kopftuch ist kein Dogma im Islam. Nur die Frau selbst hat zu entscheiden, ob sie Kopftuch trägt oder nicht. Weder ein Imam noch der Staat noch die Familie dürfen eine Frau zum Kopftuch zwingen. Ich halte es deshalb auch für falsch, schon kleine Mädchen mit Kopftuch in die Schule zu schicken.

Heißt das, eine Frau kann auch ohne Kopftuch eine gute Muslimin sein?
Genau. Der Charakter einer Frau wie eines Mannes und ihr oder sein Gottesbewusstsein sind das Maß für Religiosität, nicht bloß ein Stück Stoff.

Dürfte sie auch kurze Röcke und Blusen mit tiefem Ausschnitt tragen?
Niemand dürfte es ihr verbieten, das liegt in ihrer individuellen Freiheit. Aber: Der Islam verlangt von allen Menschen, sich zu bedecken. Er ist gegen eine Nacktkultur.

Gilt das auch für Männer?
Absolut! Das ist ja gerade die Doppelmoral in manchen Ländern, in denen man muslimische Männer in Shorts sieht und neben ihnen ihre Frauen völlig verschleiert sind. Ich verstehe den Islam so, dass Frau und Mann ihren Körper gleichermaßen bedecken sollen.

Burkas lehnen Sie in Ihrem Buch aber ab. 
Ja, Burka und die totale Verschleierung des Gesichts widersprechen der Menschenwürde – und sind damit nach meinem Verständnis ein Verstoß gegen den Islam.

Glauben Sie wirklich, dass viele Muslime da ihrer Meinung sind?
Eine Mehrheit der Muslime in Deutschland ist für ein zeitgemäßes Islamverständnis. Viele Muslime sind begeistert von unserer Arbeit.

Einige Muslime werden damit aber nicht einverstanden sein.
Mag sein. Ich habe versucht, mit meinem Buch die muslimische Bevölkerung auch aufzurütteln. Muslimische Organisationen mögen sich von meinem Buch herausgefordert fühlen – damit wäre schon etwas erreicht. Und wenn sich Extremisten und sicherlich auch Islamhasser davon provoziert fühlen, dann löst das ja vielleicht bei dem einen oder anderen einen längst fälligen Denkprozess aus.

Haben Sie keine Angst vor Gewalt von Islamisten?
Nein, nicht in Deutschland. Wir leben ja zum Glück in einem Rechtsstaat. Wir haben Polizei und Verfassungsschutz. Und schließlich glaube ich fest an Gott. Ich habe keine Angst. Möge er uns alle schützen!

Interview: Johannes Patzig und Wolfgang Schörne
Quelle: https://www.randomhouse.de/content/attachment/webteaser/idriz_interview_21502.pdf

Auslandsmedien

تحية أهل بافاريا „غروس غوت“ أي مرحباً ـ هي التحية التي حرص المؤلف علي إستخدامها كعنوان لكتابه „مرحباً..السيد الإمام “ وهي لفتة ورمز لتحديد موطن إصدار الكتاب وأحداثه،إذ أن هذه التحية تقتصر فقط علي أهل بافاريا، وأن من يري عنوان الكتاب في المكتبات لن يجهد نفسه كثيرا في معرفة محتوياته، فهو كتاب يتعلق بالمسلمين في ولاية بافاريا الجنوبية الألمانية.

قد ينظر إلي إصدار الكتاب في تلك الأثناء علي انه شجاعة كبيرة“ فإدريس بنيامين“ مؤلف الكتاب هو إمام ورئيس الجمعية الإسلامية في مدينة “ بندزبرج “ المعروفة في كل أنحاء ألمانيا، ورغم أنه شاب يبلغ من العمر الثامنة والثلاثين إلا أنه من الأئمة المجددين، فهو يؤم صلاة الجمعة في مسجد المدينة ويلقي الخطبة باللغة البوسنية والتركية والألمانية وقد اعتاد سكان المدينة المسيحيين عليه،و قد يبدوأن وضعه استثنائيا في تلك المدينة التي لايشكل وجود المسلمين فيها إزعاجا لحياة أهلها من الألمان المسيحين.

وضع أدريس بنيامين في كتابه أجوبة الكثير من الأسئلة الملحة التي يتم تداولها عن الإسلام في الشارع الألماني، كما أنه حاول عبر فصول الكتاب المختلفة أن يفرق بين ثوابت الدين والعادات والتقاليد التي دخلت عليه، ومن ثم ما إختلط علي الناس من تلك العادات و أصبحوا يعتبرونها من أساسيات الدين وهي في الأصل بدع وخرافات، ولم يفت المؤلف ان يتعرض الي جوانب التشدد في الإسلام لدي بعض الجماعات المختلفة وحاول في الكتاب تفنيد آرائهم وفتح حوار حول تشددهم ويقول في ختام ذلك إنه لا يجب أن يفهم من آرائه تلك علي أنه يتحدي هؤلاء الناس.

من المفارقات أن أدريس نفسه إتهم من قبل مكتب حماية الدستور والأمن الألماني بأن له علاقة بمسلمين متشددين ويقول عن ذلك عبر صفحات الكتاب إن تدخل الدولة في الدين يصل دائما الي طريق مسدود وهو نوع من الإستبداد ويصف كيف بني المسلم بعد إنتشار الدين الإسلامي تصوراته المثالية والعقائدية، ويصف كيف يتجانس ويتكامل المسلم مع الأخرين،إضافة الي الدور الذي لعبه هو نفسه في ذلك المجال من حيث تهيئة الأجواء الي الإندماج بين المسلمين وغير المسلمين في تلك البلاد.
لعب ادريس بنيامين دورا بارزا في تحقيق التناغم بين المسلمين وغير المسلمين في المدينة التي يسودها الطابع المسيحي الكاثوليكي المحافظ بل والمتشدد في بعض الأحيان، وهو الطابع الذي يميز ولاية بافاريا بشكل عام، والتي كانت قد شهدت عدداً من النزاعات بشأن بناء المساجد فيها، غير ان مدينة “ بندزبرج “ التي شهدت نمو صناعي كبير، دفع بالعمالة الاجنبية الي إستوطانها، وهو الأمر الذي ساعد علي زيادة التنوع الديني فيها مما دفع إدريس بنيامين الي ان يحدد اولويات الجالية المسلمة في تلك المدينة والتي لخصها في „كيفية الحد من الصراعات بين المعتقدات والقيم المختلفة لكل الجاليات الدينية في المدينة“.

يحدد المؤلف في كتابه الكثير من معالم الإندماج بين المسلمين وغيرهم من وجهة نظره ويقول:إن تعلم اللغة الألمانية بشكل جيد واحترام القانون الألماني والإهتمام بقراءة الصحف الألمانية والحرص علي الإدلاء بالصوت في الإنتخابات ومن ثم ايضا الحرص علي الإشتراك في المكتبات الألمانية المنتشرة علي نطاق واسع في البلاد للتزود بالثقافة،كذلك التخلي عن بعض العادات السيئة مثل الإستماع الي الموسيقي العالية أضافة الي الترحيب بنظام البلاد والذي قد يتطرق الي ما لم يتعود عليه المقيم الأجنبي في تلك البلاد مثل فصل وتصنيف القمامة مثلا.
يري إدريس أيضا أنه من المهم أن يعيش المسلم في ألمانيا حياة تقارب في قيمها وإطارها القيم الأوروبية، فبالرغم من كون ألمانيا الموطن الجديد، يمكن للمسلمين هنا تشكيل حياتهم حسب معتقداتهم الدينية وبالتناغم مع الأديان الأخرى دون أن يشكل ذلك أي عبء عليهم.وفي ذات السياق يري أن للإمام دوراً مهماً في فهم متطلبات وحاجات العائلة المسلمة، والتي قد تساهم في دمجها في المجتمع بشكل عام. وبحسب رأيه فإن هذا الفهم نابع من التأهيل الذي يحصلون عليه في الجامعات. ومن المهم أيضاً أن يساهم الأئمة في توعية غير المسلمين حول الإسلام وإزالة أي سوء فهم لأركانه، فالأئمة في ألمانيا „يجب أن يتصرفوا كمستشارين وناصحين في معظم شؤون الحياة اليومية، وهو ما يمليه عليهم دورهم كقدوة لأفراد جاليتهم“
يري أيضا ان الائمة يمكن ان يلعبوا دورا مهما في بناء الجسور بين الثقافات المتعددة التي من شأنها تشجيع جهود الاندماج.
حاول المؤلف ايضا الرد في الكتاب علي الإتهامات التي وجهت اليه من قبل الأمن الألماني الذي وصفه بالتشدد ويقول انه عرض في الكتاب الخلافات الإسلامية الإسلامية والخلافات بين المسلمين وغير المسلمين.

حاول أدريس بنيامين ان يعطي في الكتاب صورة للتكامل والإندماج الإسلامي في المجتمع الألماني،ومن منطلق التعريف بالإسلام يقول انه ليس فقط يركز علي الإندماج انما يعطي أمثلة اخري مثل حقوق المرأة في الإسلام ويري أنها حقوق متساوية كما هي في المانيا.
ويقول ادريس في كتابه اذا كانت هناك حالات من الإضطهاد بالفعل للمرأة موجود ة، فإن ذلك سببه الرجال وليس القرآن، انه يري أن دور الإمام ليس فقط تفسير القرآن الكريم بل يجب فض الغبار من عليه من جراء بعض التفسيرات الخاطئة ويقول ان ذلك قد لايرضي بعض المتشددين ولكن هو علي الأقل يطمح في عرض القضايا التي جاءت في الكتاب للنقاش الواسع.
بصفة عامة جاء كتاب ادريس بنيامين ليروج لليبرالية الإسلامية التي تميل الي الحداثة.

Quelle: elaph.com

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